Man braucht nur das Wort "Blümchen" zu sagen und der Ohrwurm sitzt. Es gibt wenige Künstlerinnen, die einen so großen Einfluss auf eine ganze Generation hatten wie Jasmin Wagner – und deren Songs bis heute jeder auswendig kann.
Seit nunmehr 30 Jahren steht die Hamburgerin auf der Bühne – doch nun soll nach ihrer großen Abschiedstournee Schluss sein mit der Musik. Zeit also, einen Blick zurückzuwerfen auf eine lange Reise. Und einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Im Interview spricht Jasmin über das Erwachsenwerden im Rampenlicht, die Vorteile einer späten Mutterschaft und wie sie es schafft, in Balance zu bleiben.
Jasmin, du feierst dieses Jahr gleich 2 große Meilensteine …
Ja, ich werde 45 und ich feiere mein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Das sind echt große Zahlen. Wenn ich darüber nachdenke, kann ich es selbst kaum glauben. Und dann ist da ja noch etwas: Nach der Jubiläumstour mache ich erst mal Schluss mit dem Tourleben.
Wow, wirklich? Da kommt viel zusammen. Welches Gefühl hast du dabei?
Ich bin stolz. In diesen 30 Jahren habe ich eine bemerkenswerte Reise gemacht und mich als Künstlerin immer weiterentwickelt. Ich bin als superjunge Künstlerin gestartet, die erst mal begreifen musste, wie diese ganze Musikindustrie funktioniert. Ich habe jetzt 3 Jahrzehnte in dieser Branche verbracht, sie von allen Seiten gesehen und durfte viel lernen. Erst war ich Teil eines Teams, das Gesicht, die Sängerin, später Produzentin, Songwriterin bis hin zur Label-Inhaberin.
Worauf bist du besonders stolz?
Dass ich heute in der Position bin, dass alles, was ich mache, auch von mir kreiert und abgewickelt wird. Und darauf, dass ich junge Künstler, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, fördern und unterstützen kann. Sei es, dass ich sie berate oder Kontakte vermittele. Ich weiß, wie wichtig es ist, dass es Menschen im Leben gibt, die einem auf die nächste Stufe helfen.
Die Musikbranche ist schnelllebig und hart. Was hat dich selbst überrascht?
Dass ich so einen langen Atem entwickelt habe. Man muss dranbleiben, mit allen Tiefschlägen, die dazugehören. Aber das ist das Tolle am Leben über 40: Man wird lässiger, mit allem. Mit Anfang 20 wirft dich alles aus der Bahn, was nicht funktioniert. Wie oft ich damals gedacht habe: "Das war’s jetzt." Aber natürlich war es das nicht, und dieser Lerneffekt ist etwas sehr Schönes am Älterwerden.
Sind dir viele Fans treu geblieben?
Ja, und das freut mich sehr! Ich blicke auf so viele Wahnsinns-Bühnenmomente in den letzten 30 Jahren zurück: die Jahrtausendwende am Brandenburger Tor, meine Tourneen durch Asien … Und dann war ich auch lange Zeit mit dem Thema "Blümchen" durch. Als ich 2019 wieder angefangen habe, Musik unter diesem Künstlernamen zu machen, war mir wichtig, dass da ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen wird. Klar gehören die alten Songs dazu, aber mein Ziel war es, das Vergangene mit dem Heute zu verbinden. Und dadurch sind auch viele neue Fans dazugekommen.
Glaubst du, das liegt auch am Hype der 90er?
Bestimmt auch! Die 90er sind für viele Menschen mittlerweile wie ein Sehnsuchtsort – eine unbeschwerte Zeit, die einfach ein gutes Lebensgefühl verbreitet hat. Letztes Jahr stand ich auf dem Deichbrand-Festival auf der Hauptbühne – ich dachte zuerst, es wäre ein Versehen, dass ich dafür gebucht wurde und war total nervös. Aber dann waren da 60 000 Menschen und haben meine Songs mit mir gesungen.
Du hast mit deinem Look eine ganze Generation von Mädchen geprägt. Wie viel Druck verspürst du, dass Menschen ein bestimmtes Bild von "Blümchen" abgespeichert haben, dem du entsprechen musst?
Diesen Druck mache ich mir nicht. Im Gegenteil: Ganz viele Menschen teilen ihre Geschichten mit mir, dass ich sie als junge Frauen inspiriert habe, mehr sie selbst zu sein. Das gilt auch für mich. Mir ist es total wichtig zu sagen, dass ich in meinem Alter bin und dass ich das schön finde. Gesund und stark zu sein ist inzwischen meine größte Motivation, und ich finde es toll, mir selbst zu beweisen, dass das geht. Darum geht es doch letztendlich, nicht um die Frage nach der Kleidergröße oder wie viele Falten okay sind.
Trotzdem wird dein Aussehen bewertet …
Klar. Das bedeutet für mich in der Konsequenz, dass ich mich wohlfühlen muss. Und da habe ich für mich entschieden, wie das funktioniert. Seitdem ich diesen Schalter in meinem Kopf umgelegt habe und Gesundheit priorisiere, fällt mir vieles leichter. Klar brauche ich für die Bühne eine gewisse Fitness. Das ist aber eine bewusste Entscheidung und die treffe ich so, dass ich damit gut leben kann.
Wie stehst du zum Thema Timing? Du bist mit 15 berühmt geworden und mit 42 Mutter. Glaubst du, dass alles kommt, wann es kommen soll?
Das Thema hat mich lange beschäftigt, aber ich habe irgendwann beschlossen, dass ich meinen Lebensweg nicht mit dem von anderen vergleichen kann. Jedes Leben hat sein eigenes, richtiges Timing. Mein großes Glück ist, dass ich tolle Freundeskreise aus allen Bereichen habe, die mir immer ein Gefühl von viel Normalität vermitteln. Mittlerweile habe ich auch einen echt tollen Mom-Circle. Für andere klingt das banal, für mich ist es etwas, was ich sehr schätze. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn auf einmal die Frau, die in 90ern im Fernsehen war, neben mir ihr Kind für den Kitaausflug anzieht.
Wolltest du immer Kinder?
Nein, dieser Wunsch hat sich erst später im Leben und mit dem Kennenlernen meines Mannes entwickelt. Deshalb fühle ich auch keine Nachteile, relativ spät Mutter geworden zu sein – im Gegenteil. Ich bin zum Beispiel viel geduldiger, als ich es mit Mitte 20 war und nicht mehr so rastlos. Ich habe meine Partys getanzt und mich beruflich verwirklicht. Ich hatte auch eine klarere Vorstellung, was als Mutter auf mich zukommen würde, weil ich es bei Freundinnen gesehen habe. Das bedeutet nicht, dass das Muttersein immer easy ist. Aber ich kann mittlerweile sagen, dass meine Einschätzung schon ganz realistisch war und dadurch jetzt viele Dinge im Alltag gut klappen.
Hast du Druck verspürt, schnell wieder in die alte Form zu kommen?
Nein, ich wusste, dass es Zeit braucht, bis der Körper die Geburt verarbeitet hat und mir entsprechend Zeit gelassen. Über ein halbes Jahr habe ich keine Auftritte gemacht und mir damit viel Druck genommen. Außerdem hat mir – ja, ganz klischeehaft – das lange Stillen meiner Tochter echt geholfen. Ich glaube, jede werdende Mutter trägt Ängste mit sich, zum Beispiel vor dem Verlust der eigenen Identität oder vor den körperlichen Veränderungen. Die sind auch berechtigt. Mir hat geholfen, mich so gut wie möglich aufzuklären und mich darauf einzulassen.
Welche Rolle spielt Sport in deinem Leben?
Ich war schon immer aktiv, aber mein Fokus auf Sport hat sich natürlich auch verändert, seitdem ich Mutter bin. Nach der Schwangerschaft habe ich mir Hilfe für die Rückbildung geholt und mit einer Trainerin ein Workout entwickelt, welches zu mir und meinem Alltag passt. Ich setze jetzt auf kürzere Einheiten, funktionales Training und kümmere mich mehr um meine Muskelkraft, als Kardio-Sessions zu machen. Ich habe Yoga ehrlich gesagt nie so richtig gemocht, aber eingesehen, dass es guttut, den Körper zu dehnen, also binde ich das jetzt auch mit ein. Meine heutigen Workouts sind aber weit entfernt vom Leistungssportgedanken, den ich früher hatte.
Wie sieht denn deine Fitnessroutine aus?
Sanft, aber kontinuierlich. Eine Routine muss meiner Meinung nach so funktionieren, dass man langfristig dranbleiben kann und im Alltag leistungsfähig bleibt. Früher habe ich viel Crossfit gemacht und wollte immer höher, schneller, weiter. Wenn ich aber um 8 Uhr morgens schon meine Höchstleistung in der HIIT-Class abgerufen habe, möchte ich eigentlich Mittagsschlaf machen und mich den restlichen Tag ausruhen. Geht nicht mit Kind. Ich mache jetzt 3-mal die Woche Sport, gehe viel zu Fuß und habe damit für mich einen guten Weg gefunden.
Wie wichtig ist ein gutes Outfit fürs Workout?
Sehr wichtig. Am liebsten mag ich die Looks von Fabletics und trage sie auch auf der Bühne. Ich möchte mich wohlfühlen, wenn ich ins Gym gehe, und da ist ein stylishes Sport-Outfit die beste Basis. Außerdem gibt es mir die Möglichkeit, mich komplett auf mein Workout zu konzentrieren, weil ich weiß, dass alles da bleibt, wo es sein soll und nichts verrutscht.
Trägst du auch außerhalb des Gym Active Wear?
Klar, ich liebe Sportleggings! Man kann sie super ganz unterschiedlich stylen. Mit einem T-Shirt und Hoodie ist es mein Alltagslook für die Kita-Runde, aber ich ziehe auch gern einen Oversize-Blazer dazu an, upgrade die Leggings damit und komme so durch den ganzen Tag.
Was gehört für dich noch zu körperlicher Balance?
Mittlerweile sind es viele Dinge, wie ein Puzzle, was sich aus vielen Kleinteilen zusammensetzt. Ich lasse regelmäßig ein großes Blutbild machen und schaue, welche Nährstoffe ich eventuell supplementieren muss. Sich mehr mit dem Thema Gesundheit zu beschäftigen, ist für mich fast schon ein vollwertiger Nebenjob.
Wann hat das angefangen?
Mich hat Gesundheit schon immer oberflächlich interessiert, aber so richtig erst, als ich auf die 40 zugegangen bin. Bis dahin hat mir mein Körper alles verziehen, was ich ihm zugemutet habe – lange Nächte, viele Partys, Festivals, das war alles kein Problem. Also dachte ich zumindest. Aber irgendwann habe ich mir eingestanden, dass es meinem Körper damit gar nicht gut geht und angefangen, wirklich auf ihn zu hören.
Was machst du heute anders?
Ich trinke zum Beispiel seit einem Jahr keinen Alkohol mehr. Ich habe das sehr lange für mich behalten, weil ich keine Lust auf Fragen oder Diskussionen hatte. Und ich mache mir auch selbst nicht den Druck zu schwören, dass ich nie wieder ein Glas trinken werde. Aber ich merke einfach, wie viel besser es mir geht, seitdem ich darauf verzichte.
Hast du auch deine Ernährung umgestellt?
Nicht von heute auf morgen – auch das war ein kontinuierlicher Prozess. Ich hatte in meinen 20ern und 30ern sehr starke Gewichtsschwankungen und musste viele Rückschläge hinnehmen, bis ich den richtigen Weg für mich gefunden habe. Es braucht einfach viel Aufklärung und auch Disziplin, sich mit seinem Körper auseinanderzusetzen.
Als ich das ernsthaft getan habe, war schnell klar, was mir nicht guttut: Neben Alkohol sind das für mich Gluten und dass ich nicht mehr täglich Zucker esse. Beides loszulassen war anfangs schwer. Mittlerweile habe ich aber Alternativen gefunden, die mir wirklich schmecken und sich nicht nach Verzicht anfühlen. Ich ernähre mich heute so, wie ich es mir lange gewünscht, aber nicht hinbekommen habe. Ich war immer extrem, Balance gefunden zu haben, macht mich glücklich. Alles andere kostet auch zu viel Kraft.
Wie schaltest du ab?
Pause ist etwas, was ich fest mit mir selbst verabrede. Ich blocke dafür regelmäßig Zeit in meinem Kalender und habe Meetings mit mir selbst. Nur dass ich dann auf der Couch liege, etwas in Ruhe esse oder lese. Lesen ist gerade mein neues Netflix. Außerdem habe ich kleine Rituale, die mir Kraft geben: morgens ein Glas warmes Wasser mit Zitrone und Salz, regelmäßige Bewegung.
Für mich bedeutet Abschalten aber auch, dass ich mich mal bewusst vom Alltag zu Hause rausziehe. Hier hilft mir mein Job natürlich, wenn ich am Wochenende Konzerte gebe, in eine andere Rolle schlüpfe und mich auf der Bühne auspowern kann. Auch das ist letztlich nichts anderes, als die eigene Balance zu finden.
Fazit: Blümchen ist immer noch voll da - aber bald weg von der Bühne
Zu ihrem 30. Stage-Jubiläum begibt sich Blümchen ab kommenden Mai auf ausgedehnte "30th Anniversary"-Tournee. Blümchen wäre nicht Blümchen, würde sie ihren Abschied nicht in angemessenem Rahmen feiern. Schon jetzt darf man sich auf ein absolutes musikalisches Highlight inklusive jeder Menge Überraschungen freuen, mit dem die Ausnahmekünstlerin das bewegende Finale ihrer einzigartigen Karriere als Eurodance-Ikone einläutet. Hier die Tourdaten:
30.5.25 Konstanz
6.6.25 Hannover
8.6.25 Aachen
13.6.25 Waghäusel
21.6.25 Leipzig
28.6.25 Offenbach
26.7.25 Kiltten
16.8.25 Schweiz
22.8.25 Augsburg
30.8.25 Hildesheim
6.9.25 Koblenz
1.11.25 Hamburg
29.11.25 Mannheim
1.11.25 Hamburg - Abschiedskonzert "Der letzte Rave"