Vorne die runde Kugel, hinten das harte Brett? So fühlt sich dein Rücken in der Schwangerschaft zumindest an? Kennen wir! Und tatsächlich auch die meisten anderen werdenen Mütter: ob nachts im Liegen oder tagsüber beim Stehen, Gehen und Sitzen. Neben den ganzen anderen möglichen Beschwerden einer Schwangerschaft lassen sich Rückenschmerzen aber noch mit am besten lindern durch sanfte Bewegung. Bettruhe ist nicht immer die richtige Lösung! Erfahre hier, wie du durch die richtige Übungen die Rückenschmerzen reduzieren und ihnen clever vorbeugen kannst.
Rückenschmerzen in der Schwangerschaft: Was du tun kannst
Seit du schwanger bist, hast du Probleme mit Rückenschmerzen? Damit bist du nicht allein – nahezu dreiviertel aller Schwangeren leiden unter Rückenschmerzen, wie eine neue Studie zeigt. Im dritten Trimester klagt sogar jede zweite Schwangere über Schmerzen im unteren Rücken. Und obwohl man meinen könnte, dass du dich mit einem gewissen Maß an Rückenschmerzen in der Schwangerschaft abfinden müsstest, kannst du eine ganze Menge tun, um die Beschwerden zu lindern.
Woher die Schmerzen am Rücken in der Schwangerschaft kommen, haben wir im Gespräch mit Orthopäden Prof. Dr. René Schmidt, Leiter der Sektion Wirbelsäule der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), für dich herausgefunden. Zusätzlich haben wir Heilpraktikerin und Yogalehrerin Heike Gross aus München gefragt, welche Yogaübungen dich von den Schmerzen in der Schwangerschaft entlasten und dir neue Stärke verleihen.
Woher kommen die Rückenschmerzen in der Schwangerschaft?
Die Ursachen sind vielfältig. Zum einen verschiebt sich durch den wachsenden Bauchumfang der Körperschwerpunkt. Das Resultat: "Durch das Gewicht ab der 20. Schwangerschaftswoche vorne am Bauch, fallen viele Frauen in ein Hohlkreuz", erklärt Orthopäde Prof. Schmidt. Der Bauch und der Unterleib ziehen nach vorne. Diese ungewohnte Haltung ist für den Rücken nicht gut und das führt sehr häufig zu Beschwerden.
Hinzu kommen laut Dr. Schmidt: "Hormonelle Veränderungen, die auf eine Geburt vorbereiten und das Gewebe lockern." Mit zunehmendem Bauchumfang dehnen sich die Bänder. Ihre Aufgabe ist es eigentlich, den Körper zusammenzuhalten. Durch eine Umstellung der Hormone werden diese Bänder aber weicher und lockerer. Das führt leider auch zu Verspannungen, weswegen es gerade im unteren Rücken und am Becken häufig zu Schmerzen kommt.
Rückenschmerzen in der Schwangerschaft sind völlig normal, denn "Schwangere erleben die schnellstmögliche Gewichtszunahme in kürzester Zeit" ergänzt der Orthopäde, da ist es logisch, dass der Rücken nicht immer mithalten kann. Die Rückenschmerzen resultieren aus verschiedensten Gründen und nicht jede Frau leidet unter denselben Schmerzen.
Häufig beschweren sich die Frauen über Rückenschmerzen im unteren Rücken und/oder über Beckenbodenschmerzen, die im Bereich des Gesäßes auftreten. Die im Fachmagazin BMC Pregnancy Childbirth veröffentliche Studie bestätigt außerdem, dass Frauen in der Schwangerschaft eher an mehreren Partien des Rückens Schmerzen haben, anstatt nur an einer bestimmten Region. Je höher die Anzahl der Schmerzstellen an deinem Rücken sind, desto mehr hast du mit den Rückenschmerzen zu kämpfen.
Kann ich gegen diese Rückenschmerzen vorbeugen?
Ja, durch Sport vor der Schwangerschaft kannst du das Ziehen im Rücken in den Griff bekommen. "Gerade Frauen, die vor der Schwangerschaft sportlich wenig aktiv waren, haben nun größere Probleme mit einem schmerzenden Rücken", erklärt Herr Prof. Schmidt. Ein gestärkter Rücken und eine gute Muskulatur helfen, den neuen Körperschwerpunkt auszugleichen und wirken Verspannungen entgegen. Du musst dich nicht mit dem unangenehmen Ziehen im Kreuz abfinden, nur weil du bisher vielleicht nicht so aktiv warst. Du kannst jederzeit anfangen, deinen Rücken zu stärken. Vorausgesetzt natürlich, du hast keine Risikoschwangerschaft und das Go von deinem Arzt oder deiner Hebamme bekommen.
Unser Schwangerschafts-Trainingsplan stärkt dich schonend und ganzheitlich und legt den Fokus auch auf den geplagten Rücken. Also: Plan herunterladen und Beschwerden loswerden!
Was tun gegen die Rückenschmerzen? 3 Experten-Tipps
Die gute Nachricht ist: Du kannst etwas gegen die Schmerzen unternehmen. Das heißt aber, dass du wirklich aktiv werden musst. Die Yogalehrerin für Schwangere Heike Gross und Orthopäde Dr. Schmidt haben uns ihre Tipps verraten, um dich vom schmerzenden Rücken zu entlasten. So geht's:
1. Bleib in Bewegung
Wenn du dich sonst weiterhin fit fühlst, kannst du versuchen etwas Daily Activity in deinem Alltag einzubauen, je nach Verfassung. Ein kleiner Spaziergang, der Weg zur übernächsten Bushaltestelle oder ein Ausflug ins Café wirken oft Wunder. Dank frischer Luft und Bewegung lockern sich deine Muskeln.
2. Kinesiotapes am Bauch und Rücken
Falls du dich vor Schmerzen nicht mehr viel bewegen möchtest, empfiehlt der Orthopäde Dr. Schmidt das Kinesiotaping. Die elastischen Baumwolltapes wirken gezielt an den betroffenen Muskelgruppen, in deinem Fall am unteren Rücken und am Becken. Die positive Wirkung auf die Muskeln kommt daher, dass die Haut durch das elastische Tape bei jeder Bewegung ganz sanft angehoben und massiert wird. Das regt Lymph- und Blutfluss an, Muskeln werden stärker durchblutet und lockern sich dadurch.
Auch eine neue Studie aus China belegt, dass das Kinesiotaping in der Schwangerschaft einen positiven Effekt auf das Wohlergehen der Frau hat und zur Prävention als auch zur Behandlung von Rückenschmerzen hilfreich ist.
3. Stärke gezielt die Rückenmuskulatur
Wenn du dich fit fühlst, aber die Schmerzen loswerden willst, solltest du versuchen, gezielt die Rückenmuskulatur zu stärken. Orthopäde René Schmidt rät dazu, Sportangebote wahrzunehmen, die auf schwangere Frauen spezialisiert sind. Ganz besonders empfiehlt der Orthopäde Yoga für schwangere Frauen, denn die dynamischen Übungen verschaffen dir ein gutes Körpergefühl und bereiten dich so gleichzeitig auf die Geburt vor.
Diese Yoga-Übungen stärken und entlasten deinen Rücken in der Schwangerschaft
Yoga ist in vielerlei Hinsicht der perfekte Begleiter durch die Schwangerschaft: Yoga hilft dir, dich auf diese Phase der Transformation einzulassen – sowohl körperlich als auch geistig. Die Heilpraktikerin und Yogalehrerin Heike Gross, gibt dir effektive Yoga-Übungen in der Schwangerschaft mit auf dem Weg.
Sie helfen dir, die Rückenmuskeln zu stärken, Schmerzen vorzubeugen sowie ihnen entgegenzuwirken. Und nicht nur das, unter den Asanas befinden sich auch "viele stärkende Übungen, auf der psychischen Ebene, damit man sich stark fühlt und genug Kraft hat" erklärt Yogalehrerin Gross.
1. Die Katze

Begebe dich auf deiner Yogamatte in den Vierfüßler-Stand und bewege dich einfach mal, wie es dir guttut. Beginne langsam dein Becken zu bewegen und fahre mit dem Rücken fort. Wer ein zu starkes Hohlkreuz aufgrund der Schwangerschaft hat, sollte nur den Katzenbuckel üben (nicht die Kuh!) und danach in die neutrale Position mit geradem Rücken kommen.
Die Katze erhöht die Flexibilität der gesamten Wirbelsäule, mindert Rückenschmerzen und öffnet den oberen Rücken, indem die Schulterblätter auseinandergezogen werden.
2. Beckenheben

Beckenheben stärkt deine Rückseite und ist eine Wohltat, wenn es unten im Rücken zieht.
Die Brücke stärkt deine hintere Muskelkette und ist eine Wohltat, wenn es im unteren Rücken zieht. Deine Muskulatur wird dadurch mobilisiert und durchblutet und du kannst die Übung wunderbar mit deiner Atmung verbinden. Beim Hochdrücken des Beckens atmest du langsam durch den Mund aus und spannst dabei deinen Beckenboden an. Dann hälst du kurz oben und senkst das Becken dann einatmend wieder ab. Fortgeschrittene legen das Gesäß nicht am Bode ab, sondern stoppen kurz vorher und heben das Becken dann wieder an. Wiederhole dies zehnmal.
3. Der Baum

Der Fokus dieser Schwangerschaftsyoga-Übung liegt auf deiner inneren Balance. Stelle dich hierzu aufrecht hin und verlagere das Gewicht auf das linke Bein. Drücke mit dem linken Fuß kräftig auf den Boden und spüre die Verwurzelung. Hebe dein rechtes Bein an und lege den rechten Fuß an die Innenseite des linken Beins. Du brauchst den rechten Fuß gar nicht so hoch anzusetzen. Beim Schwangerschaftsyoga sollst du dich sicher fühlen. Wechsele danach auf das rechte Standbein. "Wenn man das jeden Tag macht, kann man tracken, was gerade für Veränderungen am Körper passieren und man lernt seinen Körper neu zu stabilisieren" erklärt Yogalehrerin Heike Gross.
Während der Übung werden die tieferen Schichten deiner Rückenmuskulatur und deines Fußgewölbes gestärkt. Deine Konzentrationsfähigkeit verbessert sich und du kannst sowohl dein inneres als auch dein äußeres Gleichgewicht spüren. So kannst du das Vertrauen in dich und deinen Körper stärken.
4. Beckenkreisen auf dem Gymnastikball

Der Gymnastikball wird in der Schwangerschaft dein Freund: Er entlastet den unteren Rücken.
Setze dich so oft du kannst auf einen Gymnastikball und lass dein Becken kreisen. Es ist eine Wohltat! Der Ball wird in den nächsten Monaten dein bester Freund, du kannst auch später mit deinem Baby wippen und euch beiden etwas Gutes tun. Die Mobilisation lockert deine Verspannungen im unteren Rücken. Zusätzlich kannst du dich mal ordentlich strecken und recken und so auch den oberen Rücken und die Schultern lockern. Lass die Schultern langsam von vorne nach hinten rollen, "um das nach vorne Fallen der Schultern zu reduzieren", wie es die Yogalehrerin erklärt. Du kannst auch mal versuchen, die Hände hinter dem Rücken zu verschränken und den Brustkorb weitmachen, so empfiehlt es Heike Gross. So kommst du aus dem Rundrücken raus. Versuche, deinen Geist zu beruhigen und deine Atmung mit dem Kreisen der Hüfte fließen zu lassen: So wird dir die Übung Ruhe und Gelassenheit schenken.
5. Seitlich sitzende Winkelhaltung

Die seitlich sitzende Winkelhaltung dehnt deine Flanken auf und entlastet den unteren Rücken.
Verspannungen im unteren Rücken lassen sich oft lösen, wenn du dich mal so richtig lang machst. Die seitlich sitzende Winkelhaltung stretcht deine Flanken. Setz dich im Lotussitz (Schneidersitz) auf deine Matte und strecke dann ein Bein lang zur Seite aus. Dehne dich nun vorsichtig mit dem Oberkörper über das lange Bein, strecke den anderen Arm über dem Kopf aus und atme dabei tief in deine Seite. Bleib etwa 20 Sekunden hier und wechsle dann die Seite. Danach wirst du dich viel geschmeidiger fühlen.
Was kann ich im Alltag beachten?
Bewegung ist wichtig, aber auch richtige Bewegung im Alltag bringt sehr viel. Diese Tipps solltest du immer beherzigen:
Rückenschonend heben
Vielen Schwangeren wird direkt zu Beginn der Schwangerschaft geraten, nicht mehr als fünf Kilogramm zu heben. Noch wichtiger als die Entscheidung "Hebe ich noch etwas oder gar nicht mehr?", ist allerdings die Frage "Wie hebe ich richtig?" Schließlich lässt sich das Heben, vor allem, wenn du schon kleine Kinder hast, nicht immer vermeiden.
Leichte Dinge sind vollkommen okay. Wichtig ist dabei, dass du nicht aus dem Rücken, sondern aus den Beinen hebst. Was heißt das? Gehe in die Knie, wenn du etwas vom Boden aufheben willst. Beim Aufstehen halte deinen Oberkörper gerade und stütze dich am besten irgendwo ab, etwa auf deinen Oberschenkeln.
Die richtige Körperhaltung ist das A und O
Neben dem richtigen Bücken spielt deine Körperhaltung auch noch eine große Rolle. Mit wachsendem Gewicht ist es für den Rücken wichtig, dass er richtig belastet wird. Trotzdem gerät die richtige Haltung im Alltag häufig in Vergessenheit: Gehe bewusst aus dem Hohlkreuz und ziehe dein Steißbein nach unten. Schon diese kleine Bewegung, egal, ob beim Warten an der Ampel, beim Haare föhnen oder laufen, lindert Rückenschmerzen.
Die perfekte Schlafposition
Der Bauch ist kugelrund, das Ungeborene bewegt sich: Es ist gar nicht so einfach, die richtige Schlafposition in der Schwangerschaft zu finden. Um dich von den Rückenschmerzen zu entlasten, rät der Orthopäde Prof. Dr. Schmidt im Schlaf zur "Seitenlage, und ein Kissen zwischen den Beinen, um die Gelenke am Becken zu entlasten." Gerade in der fortgeschrittenen Schwangerschaft kann die Seitenlage nachts etwas unangenehmer werden, weil der Bauch nach unten zur Seite zieht. Dem kannst du Abhilfe schaffen, indem du ein Stillkissen oder ein Seitenschläferkissen zur Hilfe nimmst.
Ein bisschen Wellness für deinen Rücken
Vielen Frauen hilft auch das regelmäßige Tragen eines stützenden Bauchgurtes. Er verringert Beckenschmerzen durch Stabilisierung der Gelenke und hebt und stützt den wachsenden Babybauch. Dadurch mindert er die Belastung auf die Rückenmuskulatur und verbessert die Rückenhaltung. Bei hartnäckigen Symphysenschmerzen wird der Gurt auch vom Arzt verschrieben und auf deinen Körper angepasst. Wenn du unsicher bist, ob der Gurt richtig unter deinem Bauch sitzt, hol dir zur Sicherheit ärztlichen Rat ein.
Wärme hilft gegen Rückenschmerzen – auch in der Schwangerschaft. Egal ob nach einem langen Tag oder zwischendurch bei starken Schmerzen: Ein wohltemperiertes Bad wirkt Wunder. Wenn du keine Zeit zum Baden hast, hilft dir auch eine nicht zu heiße Wärmflasche, ein Heizkissen oder ein Kirschkernkissen. Beides kannst du dir auf den unteren Rücken oder die obere Wirbelsäule und den Schulterbereich legen, je nachdem wo es weh tut. Bitte nutze jedoch keine Wärmepflaster, die Inhaltstoffe können Wehen auslösen.
Wenn du in deiner Nähe eine Massagepraxis hast, die auf Schwangere spezialisiert sind, gönn dir doch eine Massage. Eine kleine Auszeit nur für dich entspannt den Rücken, lindert die Schmerzen und hilft dir, Kraft zu tanken. Dein Arzt oder deine Ärztin kann dir bestimmt eine passende Anlaufstelle empfehlen und dir sagen, worauf du je nach Schmerz und Ursache, achten musst.
Bei Rückenschmerzen in der Schwangerschaft ist hinlegen und abwarten nicht die beste Lösung. Versuch es mal mit einer Yoga-Stunde für Schwangere oder binde aktiv mehr leichte Bewegungen in deinen Alltag ein. Wenn du dich fit fühlst und das Go von deinem Arzt hast, probiere es doch mal mit unserem Trainingsplan für eine fitte Schwangerschaft oder bau die hier vorgestellten Übungen in deinen Alltag ein.
Erwähnte Quellen:
Salari, N., Mohammadi, A., Hemmati, M. et al. (2023): The global prevalence of low back pain in pregnancy: a comprehensive systematic review and meta-analysis. In: BMC Pregnancy Childbirth 23, 830. URL: https://doi.org/10.1186/s12884-023-06151-x, zuletzt abgerufen am 29.04.2024.
Xue X, Chen Y, Mao X, Tu H, Yang X, Deng Z, Li N. (2021): Effect of kinesio taping on low back pain during pregnancy: a systematic review and meta-analysis. In: BMC Pregnancy Childbirth 25;21(1):712. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8547085/, zuletzt abgerufen am 29.04.2024.