Muskelaufbau und Alkohol, geht das?

Alkohol nach dem Krafttraining
After-Workout-Drinks? So verhindert Alkohol den Muskelaufbau

Veröffentlicht am 09.02.2024
Trink nach dem Muskelaufbau besser Wasser statt Alkohol
Foto: suijnun gosiyaphan / Shutterstock.com

Du meinst, einen Prosecco nach dem Sport hast du dir verdient? Das ist keine gute Idee, wenn du ambitioniert trainierst und deine Muskulatur definieren willst. Denn Alkohol hat schädliche Auswirkungen auf den Muskelaufbau.

Um den Einfluss, den Alkohol auf den Muskelaufbau hat, nachvollziehen zu können, solltest du dir vorab kurz vergegenwärtigen, wie Muskelaufbau in deinem Körper funktioniert:

Muskeln wachsen nicht durch Zellteilung, sondern durch Verdickung ihrer Muskelfasern. Damit sie an Volumen zulegen, müssen die Muskelfasern überdurchschnittlich stark gefordert werden, so dass kleine Muskelfaserrisse entstehen. Der Körper reagiert in der Regenerationsphase darauf mit Reparaturprozessen: Er bildet (synthetisiert), einfach gesagt, vermehrt Proteine, die sich rund um die Verletzungen anlagern, um sie zu reparieren. Und um in Zukunft besser gegen muskuläre Herausforderungen gewappnet zu sein, werden dort mehr Proteine als zur reinen Reparatur nötig eingebaut, mit der Folge, dass der Muskelumfang zunimmt. Dafür müssen mehrere Faktoren zusammenspielen: Dazu gehören ausreichend gesetzte Wachstumsreize im Training, optimal gestaltete Ruhephasen und eine gesunde, nährstoffreiche Ernährung.

Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Muskelaufbau?

Wer nach dem Krafttraining Alkohol trinkt, behindert die zahlreichen Stoffwechselvorgänge, die für die Reparaturprozesse und den Aufbau von mehr Muskelmasse entscheidend sind. Hier die Folgen im einzelenen:

1. Gehemmte Proteinsynthese

Alkohol beeinflusst die Produktion des Stresshormons Cortisol. Schon 0,4 Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht erhöhen die Produktion von Cortisol mindestens in den ersten 4 Stunden nach dem Konsum. Da Cortisol ein Gegenspieler des Wachstumshormons Testosteron ist, wird dieses durch den Alkohol in geringerer Menge gebildet, sodass weniger Muskelprotein synthetisiert werden kann und folglich der Zuwachs an Muskelmasse geringer ausfällt. In einer Studie, die die Auswirkungen des Alkoholkonsums bei körperlich aktiven Männern untersuchte, wurde eine signifikante Verringerung der Muskelproteinsynthese (um 37 Prozent) festgestellt, wenn 1,5 g/kg Alkohol nach dem Training konsumiert wurden. Da Frauen empfindlicher auf die gesundheitlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums reagieren, ist davon auszugehen, dass bei ihnen der Alkohol noch stärker die Muskelbildung beeinträchtigt.

Übrigens kann das vermehrt ausgeschüttete Cortisol auch zu einer erhöhten Fettspeicherung im Körper führen – und damit den Blick auf die hart erarbeiteten Muskeln erschweren.

2. Steigender Blutzuckerspiegel

Alkohol hat über Cortisol Einfluss auf deinen Blutzuckerspiegel, indem es einen stärkeren Abbau von Eiweiß (Proteinen) und damit die Freisetzung von Glucose bewirkt. Für das nächste Training steht dann weniger Glucose aus der Leber zur Verfügung.

Gleichzeitig wird die Glykogensynthese in Muskeln und Leber durch Alkohol gehemmt: Eine britische Studie zeigte eine Reduktion um 50 Prozent in den ersten 8 Stunden nach dem Training und um 16 Prozent in den ersten 24 Stunden. Die Folge kann Heißhunger sein.

3. Schwächere Nährstoffabsorption

Alkohol entzieht dem Körper Wasser. Schuld daran ist wieder das durch den Alkohol erhöht ausgeschüttete Cortisol: Es bewirkt, dass Natrium vermehrt im Körper zurückgehalten und in der Folge in den Zellzwischenräumen des Körpers gespeichert wird. Die für den Muskelaufbau nötige Nähr- und Mineralstoffversorgung der Zellen wird behindert, und der Körper kann die notwendigen Vitamine und Mineralien, z.B. Kalzium, Magnesium und Eisen, weniger gut aufnehmen.

Und damit nicht genug: "Dies kann im Extremfall auch am Herzmuskel zu gefährlichen Rhythmusstörungen führen", warnt Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Newsletter Alkoholspiegel.

4. Mangelnde Regeneration

Nicht nur das Bier oder der Schnaps unmittelbar nach dem Training beeinflussen deinen Trainingserfolg. Denn Muskeln wachsen in den Regenerationsphasen zwischen zwei Trainingseinheiten. Trinkst du zwischen 2 Trainingstagen Alkohol, kann das die Regenerationszeit verlängern, bzw. weniger effektiv ausfallen lassen. Anstatt die Muskulfasern zu "reparieren" und dadurch wachsen zu lassen, ist dein Körper damit beschäftigt, Alkohol abzubauen.

Alkohol wird mithilfe von Enzymen in der Leber verstoffwechselt, und dafür benötigt das Organ Energie, die dann für die Muskelregeneration und den Muskelaufbau nicht mehr zur Verfügung steht. Für deinen Körper aber hat der Abbau des Zellgifts Ethanol immer Priorität.

Auch wird der Erfolg deiner nächsten Trainingseinheit geringer sein. Denn wenn die Regenerationsphase zwischen zwei Trainingseinheiten weniger ergiebig ausfällt, z.B. durch Alkohol oder schlechten Schlaf, eine typische Folge von Alkoholkonsum, wirst du beim nächsten Training deine Muskeln nicht maximal fordern können – und damit insgesamt den Aufbau von mehr Muskelmasse verlangsamen.

Das belegt auch eine kleinere, in Sports Medicine veröffentlichte Studie: Dafür ließen Wissenschaftler 11 Probanden ein maximales Oberschenkel-Training absolvieren. Ein Teil der Gruppe trank anschließend 1g pro Kilo Körpergewicht Ethanol in Form von Wodka mit Orangensaft, die anderen tranken Orangensaft ohne Alkohol. Nach 36 und nach 60 Stunden wiederholten die Probanden ihr Training. Der kurzen Erholungszeit geschuldet zeigten alle Teilnehmer schlechtere Leistungen. Doch die Leistung derjenigen, die zwischendurch Alkohol zu sich genommen hatten, war signifikant schlechter als die der Kein-Alkohol-Gruppe.

Wieviel Alkohol in Muskelaufbau-Phasen ist okay?

Wenn du dein Training ernst nimmst und auf Muskelzuwachs trainierst, solltest du am besten die ersten 60 Stunden nach dem Widerstandstraining auf Alkohol verzichten. Diese Zeit solltest du deinem Körper mindestens gönnen, um Regenerationsarbeit zu leisten.

Aber auch 24 Stunden vor dem Training solltest du möglichst auf Alkohol verzichten, da unter Alkohol deine Motorik und Reaktionsfähigkeit leiden und das Verletzungsrisiko steigt. Zudem sinkt die Leistungsfähigkeit der Muskeln, wenn sie dehydriert sind, und Alkohol entzieht dem Körper Wasser.

Um die Pausen zwischen 2 Trainingseinheiten nicht zu groß werden zu lassen, solltest du die Intervalle gut planen. Steht eine Party am Wochenende an, sorge dafür, dass dein Training entsprechende Abstände hat. Einmal pro Woche sollte Alkohol einplanbar sein.

Gänzlich abstinent musst du nicht leben, doch halte deinen Alkoholkonsum im Maßen. Die DGE empfiehlt: Männer sollten am Tag höchstens 20 Gramm Alkohol konsumieren (Frauen: 10 Gramm/ 0,3 Liter Bier oder ein halbes Glas Wein), also nicht mehr als etwa einen halben Liter Bier oder 0,25 Liter Wein, und an 2 Tagen gänzlich darauf verzichten. Wenn du unsicher bist, was deinen Alkoholkonsum betrifft, hol dir Rat, zum Beispiel auf der BZgA-Seite kenn-dein-Limit.

Am besten wäre es, du steigst auf alkoholfreie Getränke um. Davon gibt es mittlerweile eine große und gut schmeckende Auswahl. Alkoholfreie Mocktails erfrischen auch und liefern dir zudem zahlreiche Nährstoffe und Elektrolyte, die dein hart arbeitender Körper gut verwerten kann.

Hin und wieder ein Glas Alkohol schadet dem Muskelaufbau wenig, wenn Menge und Timing stimmen, und du dich ansonsten gesund ernährst und über den Tag verteilt ausreichend Mineralwasser trinkst. Mindestens 24 Stunden vor oder nach dem Training sollte Alkohol jedoch tabu sein.

Erwähnte Quellen:

Shirreffs, Susan M. et al.: The Effect of alcohol on athletic Performance, in: Sports Medicine, 2006; doi 10.1097/01.CSMR.0000306506.55858.e5

Evelyn B. Parr et al.: Alcohol Ingestion Impairs Maximal Post-Exercise Rates of Myofibrillar Protein Synthesis following a Single Bout of Concurrent Training, 2014, in: National Library of Medicine; doi 10.1371/journal.pone.0088384

Kristina Haus: Passen Alkohol und Sport zusammen? in: runnnersworld.de, aufgerufen am 30.1.2024

BZgA: Alkohol und Sport - das passt nicht zusammen, Newletter zur Alkoholspiegel-Ausgabe 2020

Matthew J Barnes et al.: Acute alcohol consumption aggravates the decline in muscle performance following strenuous eccentric exercise, 2010, in: National Library of Medicine, doi 10.1016/j.jsams.2008.12.627

Priscilla M Clarkson et al.: Exercise-induced muscle damage in humans, 2002, in: National Library of Medicine, doi 10.1097/00002060-200211001-00007.