Wenn es doch nur so einfach wäre wie in der Theorie: Du schließt am Abend die Augen, dämmerst langsam weg und wachst morgens topfit wieder auf. In der Realität klappt das nicht immer so komplikationsfrei.
"In Deutschland leiden 6 Prozent aller Menschen an behandlungsbedürftigen Schlafstörungen", so Dr. Hans Günter Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum in Klingenmünster. 6 Prozent —das sind rund 5 Millionen! Noch höher ist die Anzahl derer, die Probleme beim Einschlafen haben oder nachts aufwachen und stundenlang an die Decke starren. Übel, denn Schlaf ist für alle Menschen unverzichtbar. Studien zeigen, dass er dazu dient, die Energievorräte aufzufüllen.
Was dir buchstäblich den Schlaf raubt, wie du diese Räuberei unterbindest und endlich wieder gut schläfst, erklären wir dir hier im Artikel.
Wie merkst du eigentlich, ob du "gut schläfst"?
Ein guter Indikator ist Adenosintriphosphat (ATP). Die Zellen im Körper nutzen es als universellen Brennstoff für fast alle Tätigkeiten. Viel ATP im Körper bedeutet: viel Energie. Bei Verbrennung von ATP entsteht Adenosin als Abfallprodukt. "Adenosin wird aus den Zellen heraustransportiert", sagt Schlaf-Experte und Buchautor Weeß ("Schlaf wirkt Wunder", Droemer Verlag, um 17 Euro). "Die erhöhte extrazelluläre Konzentration macht müde." Zebrafische zum Beispiel erhielten in einem Versuch ein Präparat, das Adenosin blockiert, und schliefen nicht mehr; bei mehr Adenosin dümpelten die Fischchen dagegen schläfrig im Wasser. Dies zeigt klar: Schlaf und Energiehaushalt sind untrennbar miteinander verknüpft.
Schlaflosigkeit in der Nacht bedeutet allerdings nicht nur einen Tag ohne Energie — sie ist schlicht ungesund, könnte sogar zu Demenz führen. An der University of Rochester fand man in neurowissenschftlichen Versuchen mit Nagetieren heraus, dass während des Schlafs Abfallprodukte entsorgt werden, die im Zusammenhang mit der Entstehung neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer stehen. Der Körper fährt darüber hinaus im Schlaf seine Stoffwechselaktivität herunter — Forschende vermuten, um Schäden am Erbgut zu reparieren, die sich im Laufe des Tages durch zellschädigende Substanzen angehäuft haben. Das könnte erklären, warum viele Erkrankungen eher auftreten, wenn die Menschen nicht zur Ruhe kommen.
Diese Krankheiten entstehen durch zu wenig Schlaf
Ein paar durchgemachte Nächte bringen dich nicht gleich um. Schlafmangel über mehrere Monate hinweg kann jedoch lebensgefährliche Konsequenzen haben. Dies sind 6 Erkrankungen, die fehlender (schlechter) Schlaf begünstigt:
Dass die körpereigene Abwehrbereitschaft abnimmt, ist eindeutig belegt. "Schlafmangel macht genauso krank, wie nichts zu essen oder zu trinken", warnt Weeß. "Ohne Schlaf bricht das ganze Immunsystem zusammen." Viele gute Gründe, um die 6 schlimmsten Schlafräuber auszuschalten.
1. Schlafräuber: Stress
Weit verbreitet ist Schlafmangel, der durch inneren oder äußeren Stress bedingt ist, oft durch den Job. Besonders gefährdet ist Schlaf durch Schichtarbeit, ganz gleich, ob du nachts an einer Tankstelle im Verkauf arbeitest oder in einem Club. Grund: Jobs dieser Art hindern den Körper extrem an einer Synchronisation mit der inneren Uhr. Aber auch Tagarbeiterinnen gelingt es oft nicht, die Kombination aus Job, Stress und permanenter Erreichbarkeit unter Kontrolle zu kriegen. Nichts ruiniert die Nachtruhe mehr, als kurz vorm Zubettgehen noch die To-do Liste für den nächsten Tag zu checken oder eine E-Mail des Vorgesetzten zu lesen.
Natürlich wäre es das Beste, den Stress auszuschalten — nur geht das leider oft nicht, zumindest nicht sofort. Weil zu viel Stress dich daran hindert, in den Zustand der Entspannung zu gelangen, der für das Einschlafen unerlässlich ist, brauchst du eine Relax-Technik, siehe nächster Absatz.
So schläfst du besser: Mache öfter eine Reise in dein Inneres und geh dabei Körperteil für Körperteil vor. Konzentriere dich zunächst darauf, dein rechtes Bein zu entspannen, dann das linke. Arbeite dich so über den Rumpf und die Arme voran, bis du schließlich zum Kopf gelangst. Senke bewusst nacheinander in allen Gliedmaßen die Muskelspannung, atme dabei ruhig und gleichmäßig. Du hast es mehrmals probiert und kannst trotzdem nicht einschlafen? Oder du wachst regelmäßig mitten in der Nacht auf und fängst an zu grübeln? Dies könnten Anzeichen einer beginnenden Depression sein, die Ursache, aber auch Folge von Schlaflosigkeit sein kann. In dem Fall suche besser medizinische Hilfe.
2. Schlafräuber: Elektro-Kram
Das, was du tust, um Entspannung zu finden, hindert dich oftmals zusätzlich am Schlafen. Aufwühlende TV-Thriller mit schnellen Bildwechseln und nervtötender Geräuschkulisse (Schüsse, Schreie, Explosionen) bilden keine gute Grundlage dafür, dass du und dein Hirn zur Ruhe kommen.
Jedoch sind es nicht nur die Inhalte, die dir den Schlaf rauben, es sind auch die Medien an sich: Die Bildschirme von Fernseher, PC, Tablet und Smartphone senden reichlich Licht aus — dadurch wird die Produktion des Schlafhormons Melatonin gestört. Für dein Gehirn fühlt es sich dann so an, als sei es 7 Uhr morgens und nicht 1 Uhr nachts.
So schläfst du besser: Verzichte in der letzten Stunde vor dem Schlafengehen auf Fernsehen, Smartphone & Co. Und wenn du im Bett noch auf dem Tablet liest, dann nur mit Blaulichtfilter (gibt’s als App). Achte auch darauf, nicht vor der Glotze einzunicken, das kostet dich am Ende den echten, erholsamen Schlaf. Zum einen wird dadurch der erste Schlafdruck abgebaut — anschließendes Umziehen und Zähneputzen macht dich wieder wach, und es ist umso schwieriger, erneut einzuschlafen. Zum anderen verhindert das eingeschaltete Gerät, dass du in erholsame Phasen wie Tief- und Traumschlaf gelangst.
3. Schlafräuber: Spät-Sport
Ja, Sport macht müde, aber nicht sofort. Ein gutes Workout früher am Tag fördert deinen Schlaf — spät am Abend bewirkt es für die meisten Menschen das Gegenteil, sie werden wach. Der Stoffwechsel läuft danach auf Hochtouren, die Körpertemperatur erreicht Spitzenwerte. In dem Zustand brauchst du dich gar nicht erst ins Bett zu legen, keine Chance einzuschlafen!
So schläfst du besser: Halte zeitlichen Abstand zwischen Sporteln und Schlafen — zwischen Ende des Workouts und Bettruhe sollten (mindestens) 3 Stunden liegen.
4. Schlafräuber: Betthupferl
Mit vollem Bauch schläft es sich schlechter. "Fett- und kohlenhydratreiche Mahlzeiten direkt vor dem Zubettgehen sollte man vermeiden", rät Weeß. "Verrichtet der Magen Schwerstarbeit, während der Rest des Körpers entspannt schlafen soll, passt dies nicht zusammen." Auch zu viel Kaffee und Alkohol stören den Schlaf nachhaltig.
So schläfst du besser: Spätestens 2 Stunden vor der Bettruhe solltest du nicht mehr essen. Auf fettige Snacks wie Chips verzichtest du besser noch früher, weil die Verdauung dieser Kalorienbomben in der Regel länger dauert. Koffeinhaltige Getränke solltest du schon ab nachmittags nicht mehr trinken, wenn du gut ein- und durchschlafen willst.
5. Schlafräuber: Drogen & Co.
Klar, Kokain und Ecstasy machen wach. Aber das ist (hoffentlich!) nicht dein Problem. Was viele dagegen nicht wissen: Verschreibungspflichtige Medikamente, zum Beispiel gegen Bluthochdruck, Entzündungen oder Depressionen, können zu Schlafstörungen führen.
Umgekehrt kann auch ein Mangel an Medizin den Schlaf stören, etwa wenn du Schmerzen hast. Dann ist ein Schmerzmittel durchaus hilfreich, damit du zur Ruhe kommen kannst. Auch die Mehrzahl der Raucher ist sich nicht darüber im Klaren, dass Zigaretten aufputschen. Noch ein Grund mehr, damit aufzuhören, oder?
So schläfst du besser: Frag deinen Arzt oder deine Ärztin bei Verdacht auf Wachmacher-Medikamente, ob eine niedrigere Dosierung in Frage kommt oder ob ein anderer Wirkstoff verfügbar ist. Bei Schmerzen frag ihn nach geeigneten Präparaten, damit du einschlafen kannst.
6. Schlafräuber: Die Nachtruhe an sich
Eine wichtige Rolle in all diesen Zusammenhängen spielt außerdem dein Schlafverhalten an sich — sprich: wann du schläfst, wie lange und wie oft. Dafür hat Experte Hans-Günter Weeß, der auch das Online-Programm "Fit durch gesunden Schlaf" (www.schlafensiebesser.de) betreibt, folgende 7 Regeln aufgestellt:
Regelmäßige Zeiten fürs Zubettgehen und Aufstehen finden
Halte dich auch am Wochenende daran, dann kommst du an den Werktagen deutlich besser aus den Federn.
Nicht zu früh ins Bett gehen
Viele legen sich zeitig hin, ohne wirklich müde zu sein, in der Hoffnung, der Schlaf würde dann schon irgendwann kommen. Das ist falsch! Es führt zu Anspannung, die dich wach hält.
Schöne Schlafumgebung schaffen
Was dich an die Arbeit oder andere unangenehme Dinge erinnert, muss auf jeden Fall raus aus dem Schlafzimmer. Wohltuende, beruhigende Farben und schöne Möbel dafür hinein.
Für ein gutes Schlafklima sorgen
Wissenschaftler:innen sind sich einig: 18 Grad sind für die Nachtruhe ideal.
Auf Tagesschlaf verzichten
Wenn du dich etwa regelmäßig mittags hinlegst, kann dies Schlafstörungen begünstigen. Unternimm stattdessen lieber einen Spaziergang an der frischen Luft.
Nicht auf den Wecker schauen
Blickst du nachts zur Uhr, führt die ständige Kontrolle zu Anspannung. Du fängst an zu grübeln und wälzt dich nur noch mehr herum.
Ein Einschlafritual suchen
Lies regelmäßig ein Buch, höre entspannende Musik, plaudere mit dem Partner oder deiner Partnerin — oder besser noch: Habt Sex! Als Einschlafhilfe ist ein Schäferstündchen nämlich mindestens so gut geeignet wie das Schäfchenzählen
Um Schlaflosigkeit und ihren weiteren Konsequenzen entgegenzuwirken, ist es wichtig, einige Regeln vor dem Schlafengehen einzuhalten. Ein guter Schlaf sorgt nicht nur dafür, dass deine wichtigste Energiequelle aufgeladen wird, sondern ist auch besonders wichtig für deine Gesundheit.