Kann man sein biologisches Alter austricksen? Ja, das geht. Und es gibt noch eine gute Nachricht: Viel Zeit musst du dafür nicht aufbringen. Unser Experte zeigt dir, wie Fitness im Alter wirklich funktioniert.
Wie bleibst du fit im Alter?
Sport macht nicht nur Spaß – er tut auch richtig gut. Wer schmerzfrei und beweglich bis ins hohe Alter bleiben möchte, sollte kleine Sporteinheiten zur Gewohnheit machen. So fühlst du dich nicht nur besser, du beugst auch ernsten Gesundheitsgefahren vor.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass rund 80 Prozent der Herzinfarkte, Schlaganfälle und weiteren Krankheiten durch einen gesunden Lebensstil vermeidbar sind. Die entscheidenden Faktoren für ein gesundes Leben im Alter liefert die WHO gleich mit:
- Bewegung
- Ernährung
- Stressmanagement
- Schlaf und Erholung
Viele Studien konnten bereits zeigen, wie viel Einfluss wir selbst durch unseren Lebensstil auf unsere Gesundheit haben. Nutze das und passe deinen Alltag und die Gewohnheiten so an, dass du lange fit und gesund bleibst.

Stress beschleunigt die Zellalterung – regelmäßige Meditation oder Yoga senken Cortisol und fördern langfristig deine Gesundheit und Langlebigkeit.
Drehe das biologische Alter zurück
Der Sport- und Gesundheitswissenschaftler Thorsten Tschirner ist Experte in diesem Themenbereich. Als Fachbuchautor (Fit werden – jung bleiben und Mit 50 fitter als mit 30) hat er sich intensiv mit der Frage befasst, wie Sport im Alter das Leben beeinflussen kann.
Tschirner behauptet sogar, dass du in nur 8 Wochen deine biologische Uhr um bis zu 10 Jahre zurückdrehen kannst.
Das klingt wie ein Marketingversprechen. Der Zeitraum von 8 Wochen ist aber tatsächlich wissenschaftlich erwiesen: In einer kleinen Studie aus dem Jahr 2023 änderten 6 Frauen unter Kontrolle der Forschenden ihren Lebensstil hinsichtlich Ernährung, Bewegung, Schlaf und Entspannung. Bereits nach 8 Wochen konnten 5 der 6 Teilnehmerinnen ihr biologisches Alter deutlich senken, z. T. sogar um bis zu 11 Jahre.
Was bringt Sport im Alter?
31 Prozent der Erwachsenen und ganze 80 Prozent der Jugendlichen kommen nicht auf das empfohlene Maß an körperlicher Aktivität, so die WHO.
Dabei sind die Effekte regelmäßiger Bewegung immens. Laut der Gesundheitsorganisation trägt körperliche Aktivität bei Erwachsenen zur Vorbeugung und Behandlung ganz verschiedener Krankheiten bei. Dazu gehören:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Krebs
- Diabetes
- Depressionen
- Angstzustände
Körperliche Bewegung fördert außerdem die Gesundheit des Gehirns und kann das allgemeine Wohlbefinden verbessern.
Du hast bislang keinen Sport gemacht? Kein Problem! Es lohnt sich auch noch ein später Einstieg. Laut Tschirner kann ein regelmäßiges Workout das biologische Alter um 3 bis 4 Jahre senken, dich also "verjüngen".
Fit im Alter mit Ausdauer- und Krafttraining
"Lange Zeit galt Ausdauertraining als Garant für Fitness und Gesundheit, weil es u. a. Herz, Kreislauf und Lunge stärkt", sagt Tschirner. Natürlich ist das auch immer noch zutreffend. "Inzwischen haben Forschende jedoch auch starke Muskeln als Quelle körperlicher Gesundheit entdeckt", so der Experte.
Ein guter Ansatz für ein Workout im Alter ist deshalb eine Kombination aus:
- Ausdauertraining
- Krafttraining
Das Ausdauertraining hat die oben genannten positiven Effekte für das Herz, den Kreislauf und die Lunge. Außerdem lässt sich Radfahren, Spazieren oder auch Laufen meist recht gut in den Alltag integrieren. Und es gibt noch einen Vorteil: Du brauchst nur wenig Sportkleidung und – abgesehen vom Fahrrad – auch keine Geräte.

Regelmäßiges Ausdauertraining wie Radfahren hält dein biologisches Alter jung – es stärkt Herz, Lunge und Gefäße und sorgt für mehr Energie im Alltag.
Natürlich hältst du mit Ausdauertraining auch in gewisser Weise die Muskeln fit. Vor einem Schwund der Muskelmasse schützt es aber nicht so gut wie Krafttraining im Alter.
Mit gezieltem Muskeltraining kannst du den Muskelabbau stoppen. Das ist ein enormes Plus: Mehr Kraft verringert das Risiko von Verletzungen und erhöht so deine Chancen, schmerzfrei und beweglich bis ins hohe Alter zu bleiben.
Neue Forschungsergebnisse legen sogar nahe, dass ein korrekt ausgeführtes Muskeltraining im Alter das Risiko von Herzkrankheiten oder Bluthochdruck messbar reduzieren kann. Thorsten Tschirner empfiehlt deshalb eine gesunde Mischung: "Ideal ist die Kombination aus Kraft-, Ausdauertraining und hochintensivem Intervalltraining, wobei Letzteres am effektivsten ist."
Hochintensives Intervalltraining (HIIT) im Alter
"Ganz ehrlich: Wir haben alle keine Zeit, jeden Tag Stunden im Gym zu verbringen", sagt Tschirner. Um in kürzerer Zeit möglichst viel für ein verjüngtes biologisches Alter zu tun, rät der Fitness-Experte daher High-Intensity Interval Training (HIIT) oder auf Deutsch: hochintensives Intervalltraining. "Damit lassen sich in kurzer Zeit besonders effektiv viele gesundheitlich wirkungsvolle Trainingseffekte erzielen."
Das HIIT ist ein Intervalltraining. Das heißt, dass sich dabei intensive körperliche Anstrengungen mit kurzen Pausen abwechseln. Dadurch wird der Körper in kurzer Zeit intensiv gefordert und du musst weniger Zeit am Tag aufwenden, um fit im Alter zu bleiben.

Beim Sport allgemein, aber gerade beim HIIT ist Trinken essenziell – Wasser unterstützt den Kreislauf, die Regeneration und hält dich leistungsfähig.
Der Trainingswissenschaftler setzt selbst auf klassische Übungen mit Eigengewicht, die den ganzen Körper beanspruchen. Dazu gehören:
- Jumping Jacks
- High Knees
- Kniebeugen
- Liegestütze
- Bergsteiger
- Unterarmstütze
- Crunches
- Burpees
Neben dem Muskelaufbau im Alter hat HIIT einen weiteren Vorteil: Durch den Wechsel von intensiver körperlicher Anstrengung und kurzen Pausen laufe der Stoffwechsel auch nach dem Ende der Einheit noch auf Hochtouren, so Tschirner. Dieses als "Nachbrenneffekt" bekannte Phänomen führt dazu, dass der Körper auch noch lange nach dem Training Kalorien verbrennt.
Wie oft solltest du Sport im Alter machen?
In einer taiwanesischen Kohortenstudie aus dem Jahr 2016 wurde untersucht, ob auch wenig, aber regelmäßige Bewegung positive Effekte auf die Gesundheit hat. Das Ergebnis: Menschen, die nur 15 Minuten Sport am Tag oder gut 90 Minuten in der Woche machten, konnten ihr Sterblichkeitsrisiko um 14 Prozent reduzieren und ihre Lebenserwartung um 3 Jahre verlängern. Jede weitere Viertelstunde reduzierte das Risiko um 4 Prozent.
Tschirner empfiehlt, zwei- bis dreimal die Woche 20-minütige HIIT-Einheiten einzuplanen. Dabei sind Aufwärmen und Cool-Down schon inbegriffen. Neben diesen sehr intensiven Sporteinheiten lohnt es sich, den Alltag allgemein aktiver zu gestalten, um die Fitness im Alter zu erhalten. Plane Spaziergänge ein, nimm die Treppen oder verabrede dich mit anderen zum Sport.
Warum ist Sport im Alter wichtig?
Sport trägt in jedem Alter zur physischen und psychischen Gesundheit bei. Im Alter ist er aber noch aus einem anderen Grund wichtig, wie Tschirner erklärt.
"Altersbedingter Muskelverlust tritt ab ungefähr 30 Jahren auf und beträgt 3 bis 5 Prozent je Jahrzehnt. Das Altern beginnt sozusagen in den Muskeln", sagt der Fachbuchautor. "Im Schnitt verliert man jedes Jahrzehnt rund 2,3 Kilogramm an Muskelmasse. "

Bewegung wie Joggen kurbelt den Muskelstoffwechsel an – ideal, um dem altersbedingten Muskelabbau vorzubeugen und aktiv zu bleiben.
Dazu komme ein steigender Körperfettanteil, der das Risiko für viele Krankheiten erhöhe: "Da der Körper älterer Menschen weniger Energie benötigt, legt er schneller an Gewicht zu als in jüngeren Jahren", so Tschirner. Und er ergänzt: "Bei Menschen, die viel sitzen und wenig aktiv sind, schreitet der Muskelabbau schneller voran." Mangelndes Training könne zu einem echten Gesundheitsrisiko werden, erklärt Tschirner. Und das unabhängig vom Geschlecht. Daher sollten auf das Training und den Muskelaufbau im Alter Frauen wie Männer gleichermaßen achten.
So wirkt sich Sport auf dein Gehirn aus
Den Muskelaufbau ab 50, 40 oder auch schon ab 30 im Blick zu haben, ist unbedingt sinnvoll. Die äußerlichen Effekte zeigen sich durch das Training ziemlich schnell. Zudem helfen die gestärkten Muskeln oft dabei, ohne Schmerzen auszukommen und beweglich zu bleiben.
Weniger offensichtlich ist der Effekt des Sports auf das Hirn. Schon leichte Bewegung wie ein Spaziergang fördert die Vernetzung der Neuronen und kann die Gedächtnisleistung erhöhen. Das konnten Untersuchungen zeigen.
Sport fördert die Bildung neuer Gehirnzellen in zwei Hirnarealen:
- Hippocampus
- Frontaler Kortex
Dadurch ist die körperliche Aktivität im Alter auch ein häufig unterschätztes Mittel in der Demenz-Prävention. Eine 2018 veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass eine hohe Fitness bei mittelalten Frauen mit einem deutlich geringeren Risiko für spätere Demenz-Erkrankungen verbunden war. HIIT, Ausdauer- und Krafttraining im Alter lohnen sich also gleich mehrfach für dich.
Telomere und Myokine: Darum ist Sport ein Anti-Aging-Mittel
Forschende entdecken immer wieder neue, faszinierende Zusammenhänge zwischen Bewegung und langfristiger Gesundheit. Bei neueren Studien stehen beispielsweise die Telomere im Fokus. Sie sind die Schutzkappen der Chromosomen.
Forschende konnten zeigen, dass diese Telomere – vereinfacht gesagt – durch regelmäßigen Sport verlängert werden können. Der Effekt: Die Körperzellen werden verjüngt. Vor allem Ausdauer- oder Intervalltraining hat darauf einen Einfluss.
Beim Kraftsport hingegen spielen die Myokine eine große Rolle. Diese Botenstoffe werden bei Bewegung von den Muskeln freigesetzt. Die Myokine sollen einen erheblichen Einfluss auf das Immunsystem haben und diesen Erkrankungen vorbeugen können:
- Krebs
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Osteoporose
- Diabetes
Die entzündungshemmenden Botenstoffe wurden 2007 von der dänischen Forscherin Bente Pedersen von der Universität Kopenhagen entdeckt und beschäftigen seitdem die Forschung. Es wird geschätzt, dass es rund 600 dieser Stoffe gibt, die alle unterschiedliche positive Effekte auf deine Gesundheit haben.
Die häufigsten Fragen zum biologischen Alter
Was ist das biologische Alter?
Das biologische Alter beschreibt, wie gut eine Person in Form ist. Das biologische Alter steht dem chronologischen Alter gegenüber. Die beiden Werte können voneinander abweichen. Treibt jemand viel Sport und ernährt sich gesund, liegt das biologische Alter in der Regel unter dem chronologischen, tatsächlichen Alter.
Kann man sein biologisches Alter verbessern?
Ja, du hast einen direkten Einfluss auf dein biologisches Alter: Je früher du auf einen bewussten Lebensstil achtest und beispielsweise regelmäßig Ausdauer- oder Krafttraining machst, umso leichter wird es dir fallen, dein biologisches Alter unter dem echten Alter zu halten.
Wie gelingt der Muskelaufbau ab 50?
Für Sport und Fitness ist es nie zu spät. Daher ist auch ein Muskelaufbau im Alter möglich. Achte auf eine proteinreiche Ernährung und versuche, möglichst regelmäßig ein Workout einzuplanen. 2 bis 3 Einheiten pro Woche sind sinnvoll für das Krafttraining im Alter.
Fazit: Kraft- und Ausdauertraining halten dich fit im Alter
Mit Sport kannst du dein biologisches Alter kurzerhand einige Jahre zurückdrehen. Entscheidend ist die Kombination aus Ausdauersport und Krafttraining im Alter. Hochintensives Intervalltraining (HIIT) lohnt sich besonders. Entscheidend ist, dass du den Sport regelmäßig in der Woche einplanst. So tust du etwas für den Muskelaufbau im Alter und hältst dich schmerzfrei und beweglich.
Erwähnte Quellen:
Kara N. Fitzgerald et al.: Potential reversal of biological age in women following an 8-week methylation-supportive diet and lifestyle program: a case series, 2023, in: National Library of Medicine; doi 10.18632/aging.204602
World Health Organization (WHO): Physical activity: Key facts, 2024 (LINK)
Chi Pang Wen et al.: Minimum amount of physical activity for reduced mortality and extended life expectancy: a prospective cohort study, 2011, in: National Library of Medicine; doi 10.1016/S0140-6736(11)60749-6
Kazuya Suwabe et al.: Rapid stimulation of human dentate gyrus function with acute mild exercise, 2018 (LINK)
Helena Hörder et al.: Midlife cardiovascular fitness and dementia: A 44-year longitudinal population study in women, 2018, in: National Library of Medicine; doi 10.1212/WNL.0000000000005290
Christian M Werner et al.: Differential effects of endurance, interval, and resistance training on telomerase activity and telomere length in a randomized, controlled study, 2019, in: National Library of Medicine; doi 10.1093/eurheartj/ehy585