Corona ist zwar immer noch da (und wird uns auch weiterhin begleiten). Aber die meisten Menschen sind inzwischen zurückgekehrt in ein Leben wie vor der Pandemie. Und das ist auch gut so, denn jetzt kann man das Ganze mit etwas Abstand betrachten – und Lehren für die Zukunft daraus ziehen.
Da gibt es so einiges zu lernen. Denn so schrecklich die Corona-Zeit für viele war, es gibt durchaus auch Positives, was wir aus dieser Zeit mitnehmen. Wir zeigen, welche Lehren die Forschung schon jetzt ausgemacht hat.
1. Wer sich vernünftig schützt, der wird auch seltener krank
Hand auf die Maske: Wie oft hast du vor der Pandemie darüber nachgedacht, dich vor Atemwegserkrankungen zu schützen? "Damit haben sich wohl die meisten Menschen nicht großartig befasst", sagt der US-Infektiologe Amesh Adalja, Professor am Johns Hopkins Center for Health Security in Baltimore. "Atemwegsviren schienen uns nicht besonders wichtig zu sein."
Erst Covid hat uns dazu gezwungen, die Gefahr dauerhaft ernst zu nehmen, und es hat auch gezeigt, wie maßgeblich alltägliche Gewohnheiten – beispielsweise Hände waschen, sich in gut gelüfteten Räumen aufhalten, Maske aufsetzen – die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, krank zu werden oder nicht. Covid hat uns darüber hinaus klargemacht, dass der Unterschied zwischen Schutz und Nichtschutz bedeuten kann, dass man entweder nur für ein paar Tage krankgeschrieben ist oder für längere Zeit im Krankenhaus landet.
Eine Studie von 2022 kommt zu dem Ergebnis, dass eine mit Covid infizierte Person ein etwa 33-mal höheres Risiko trägt, bis zu einem halben Jahr nach der Infektion unter einem Blutgerinnsel zu leiden, als ein Mensch, der sich nie infiziert hat. Atemwegsviren können schwere Komplikationen hervorrufen, etwa Autoimmunerkrankungen auslösen oder lebenswichtige Organe in Mitleidenschaft ziehen. Auch ein milder Covid-Verlauf kann Atmung und Ausdauer beim Sport noch lange beeinträchtigen.
2. Vitamin D ist viel wichtiger als bisher angenommen
Vor der Pandemie war dieses Vitamin in erster Linie als ein für den Knochenaufbau wichtiger Stoff bekannt, der in Milch steckt. Anhand von Untersuchungen während der Covid-Zeit konnte jedoch nachgewiesen werden, dass Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel häufiger positiv getestet wurden als Vergleichspersonen, die über ausreichend Vitamin D verfügten.
Experten vermuten, dass das Vitamin einen bestimmten Schutz vor Covid bietet, ebenso vor anderen Infektionen der Atemwege. "Das ist allerdings noch nicht endgültig geklärt", betont der US-Epidemiologe Dr. Eric Feigl-Ding, Leiter der Covid-Risk-Task-Force in Cambridge, Massachusetts.
Ärzte wissen schon länger, dass Vitamin D bei der Immunabwehr eine entscheidende Rolle spielt. In Deutschland leiden 30 Prozent aller Erwachsenen an einem Mangel. Gut zu wissen: Der Körper produziert selbst Vitamin D, sobald Sonnenlicht auf die Haut fällt. Im Sommer genügen 2-mal in der Woche 5 bis 30 Minuten im Freien, um die Produktion anzukurbeln. Auch Vitamin-D-reiche Nahrungsmittel helfen, etwa fettreicher Seefisch. Beim Hausarzt kannst du im Zweifel deinen Blutwert checken lassen, rezeptfreie Supplemente gibt es in Apotheken.
3. Long Covid hilft dabei, andere Erkrankungen besser zu verstehen
Sogar eines der rätselhaftesten Mitbringsel der Pandemie kann dazu beitragen, unser Gesundheitsverständnis zu erweitern: Long Covid. Diese breite Mischung aus Komplikationen wie Gelenkschmerzen oder vernebelter Wahrnehmung, mit der sich etwa die Hälfte aller symptomatisch Infizierten später herumschlagen muss, ist möglicherweise nicht nur ein Problem von Covid.
Unter den Ärzten hat Long Covid eine Forschungswelle ausgelöst, um unspezifischen Phänomenen auf die Schliche zu kommen, denen bisher kaum Beachtung geschenkt worden ist – zum Beispiel Spätfolgen von Borreliose oder dem chronischen Erschöpfungssyndrom. "Faktoren, die dabei eine Rolle spielen könnten, sind zum Beispiel Organschäden, chronische Entzündungsprozesse oder versteckte Herde von Krankheitserregern, die sich im Körper festsetzen", erklärt Feigl-Ding. Gesundheitsprobleme, die sich über eine längere Zeit entwickeln, etwa Diabetes oder Schlaganfall, treten immer öfter auf. Ungefähr die Hälfte aller Menschen in den Industrieländern leidet an mindestens einer chronischen Erkrankung.
4. Ein gesunder Lebensstil ist nicht nur wichtig, sondern lebenswichtig
Covid hat gezeigt, dass viele chronisch Kranke ein höheres Risiko tragen, auch anderweitig schwer zu erkranken. Dies hat dazu geführt, dass viele Betroffene verstärkt auf ihren Lebensstil achten. "Übergewicht war plötzlich ein Risikofaktor für schwere Covid-Verläufe", so der US-Infektiologe William Schaffner aus Nashville.
Dr. Feigl-Ding vergleicht die Gesundheit bzw. ihre Gefährdung mit einem Glas Wasser: Jeder zusätzliche Risikofaktor lässt den Pegel steigen, Dinge wie Covid können es im Zweifel zum Überlaufen bringen. Doch chronische Erkrankungen lassen sich durch gezielte Maßnahmen wie Sport, gesunde Ernährung und Verzicht auf Tabak und Alkohol vermeiden. Solch simple Lebensstiländerungen können, wenn es ernst wird, dein Leben retten.
Einige Tipps bleiben auch nach der Pandemie sinnvoll, andere nicht
Auch ohne Panik und Notverordnungen gelten einige Maßnahmen aus der Corona-Zeit unter Experten nach wie vor als sinnvoll, andere sind durchaus entbehrlich:
- 20 Sekunden lang Hände waschen: Das ist praktisch der Standard, ganz unabhängig von Covid.
- Oberflächen desinfizieren: Nicht nötig, denn die Gefahr, sich auf die Art zu infizieren, ist gering.
- FFP2-Maske tragen: Dies ist sinnvoll für alle Menschen, die ein erhöhtes Risiko haben, schwer zu erkranken – speziell in vollen, schlecht belüfteten Räumen.
- Stoffmaske tragen: Weniger hilfreich. Gute Exemplare schützen zwar, müssen aber häufiger gewaschen werden.
Die Pandemie hat zwar viel Unheil angerichtet, aber dennoch können wir daraus für die Zukunft lernen. Corona hat uns beigebracht, wie wichtig es ist, die eigene Gesundheit ernstzunehmen und auf einen gesunden Lebensstil zu achten. Aber auch Long Covid bringt bei allem Leid positive Nebeneffekte mit: Es löste eine Forschungswelle aus, wodurch bisher kaum beachtete Phänomene und Krankheiten besser verstanden werden können.