Pille vergessen? Kondom gerissen? Nicht "aufgepasst"? Kommt vor, und das gar nicht mal so selten: Allein in Deutschland passieren diese Dinge laut Schätzungen knapp 2,5 Millionen Mal pro Jahr. Bisher führte der Weg meist direkt zur Frauenärztin, um sich die Pille danach verschreiben zu lassen. Aber sich so zu offenbaren und um ein Rezept bitten zu müssen, empfanden die meisten Frauen als Demütigung.
Das ist nun anders. Seit März 2015 ist die Pille danach auch ohne Rezept in der Apotheke erhältlich. 12 Prozent der Frauen im gebährfähigen Alter haben sie bereits benutzt, so die Statista-Zahlen von 2023. Allerdings zeigt eine Forsa-Umfrage, dass die meisten Frauen nicht viel über sie wissen: Nur dass es sie rezeptfrei in der Apotheke gibt, hatten die meisten Befragten auf dem Schirm.
Aber das Wissen vieler Frauen über die Wirkungsweise ist lückenhaft, wie Studien zeigen. Fast jede zweite Frau setzt die Notfall-Pille mit einer Abtreibung gleich (das passiert bei einer Abtreibung) und glaubt, dass sie eine bereits bestehende Schwangerschaft beendet. Nicht nur das ist falsch, sondern auch vieles andere. Deshalb haben wir für dich die wichtigsten Fragen rund um die Pille danach gesammelt und beantworten sie hier.
1. Was macht die Pille danach im Körper?
Kurz gesagt: Sie verzögert den Eisprung und verhindert so eine mögliche Schwangerschaft. Da männliche Samenzellen im Körper einer Frau bis zu fünf Tage überleben können, kann es auch dann zur Befruchtung kommen, wenn der Geschlechtsverkehr vor dem Eisprung stattgefunden hat. Die Pille danach sorgt dafür, dass die Eizelle sich erst aus dem Eierstock löst, wenn die Spermien nicht mehr aktiv sind – quasi, bis die "Belagerung" beendet ist.
Falls du unsicher bist, wann dein Eisprung war, ist das kein Grund zur Panik: Wurde er bereits ausgelöst, bleibt die Pille danach wirkungslos. Wichtig: Verwechsele die Pille danach nicht mit Abbruchpillen wie Mifegyne. Diese dienen nicht der Verhütung, sondern dem Schwangerschaftsabbruch und dürfen nur unter ärztlicher Aufsicht und nach einem Beratungsgespräch angewendet werden.
Den Zeitpunkt deines Eisprungs kannst du übrigens zum Beispiel mit Ovulationstest-Stäbchen oder einem Basalthermometer einfach selbst herausfinden.
2. Was genau ist in der Pille danach enthalten?
Aktuell sind zwei Wirkstoffe auf dem Markt: Levonorgestrel (LNG), das seit über 30 Jahren verwendet wird, und Ulipristalacetat (UPA). Levonorgestrel, ein synthetisches Schwangerschaftshormon, kommt in einer deutlich niedrigeren Dosierung auch in der klassischen Antibabypille vor. Es verzögert die Reifung der Eizelle im Eierstock. Allerdings kann es den Eisprung nicht mehr verhindern, wenn die Eizelle bereits kurz davor ist, sich zu lösen. Der Wirkstoff ist in der Notfall-Pille PiDaNa enthalten.
Das neuere Präparat EllaOne setzt auf Ulipristalacetat, das bis unmittelbar vor dem Eisprung noch in den Reifungsprozess eingreifen kann und somit effektiver ist, wenn der Eisprung näher rückt. "Aus diesem Grund ist der Wirkstoff grundsätzlich zuverlässiger", sagt Dr. Christian Albringvom Berufsverband der Frauenärzte (BVF). Allgemein wird den verschiedenen Präparaten in Studien eine große Zuverlässigkeit attestiert.
3. Kann ich unfruchtbar werden, wenn ich die Pille danach mehrmals im Jahr nehme?
Keine Angst, dazu wird es wohl nicht kommen. Aber auch wenn die Pille danach als reine Notmaßnahme keinen Einfluss auf die zukünftige Fruchtbarkeit hat, kann sie Zyklusstörungen verursachen, wenn sie häufig genommen wird.
Leichtfertigkeit ist also völlig fehl am Platz – die Pille danach sollte bleiben, was sie ist: eine Lösung für den absoluten Notfall. Keine mal eben eingeworfene Verhütungsmaßnahme. Mehr zum Thema Pille findest du hier.
4. Wie schlimm sind die Nebenwirkungen?
Die Nebenwirkungen der Pille danach sind in der Regel mild und ähneln typischen Menstruationsbeschwerden. Dazu gehören Kopfschmerzen, Übelkeit, ein Spannungsgefühl in der Brust sowie Schmierblutungen. Manchmal können auch Bauchschmerzen oder Erbrechen hinzukommen.
Wichtig: Wenn du dich innerhalb der ersten drei Stunden nach der Einnahme erbrichst, könnte die Wirkung beeinträchtigt sein. In diesem Fall solltest du eine zweite Pille einnehmen, um auf der sicheren Seite zu sein. Dr. Albring empfiehlt: "Wer vor der Einnahme der Pille danach etwas isst, kann die Übelkeit vermeiden."
5. Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Pille danach, wenn ich kein Rezept habe?
Wenn du unter 22 Jahre alt bist, übernimmt deine Krankenkasse die Kosten für die Pille danach – allerdings nur, wenn du dir vorher ein Rezept vom Arzt beschaffst.
Möchtest du den Arztbesuch vermeiden, musst du die Kosten selbst tragen, unabhängig von deinem Alter. Der Preis liegt je nach Präparat bei etwa 17 Euro für PiDaNa oder rund 35 Euro für ellaOne. Kaufst du die Pille an Sonn- und Feiertagen oder nachts zwischen 20 und 6 Uhr, können zusätzlich Notdienstgebühren von 2,50 Euro anfallen.
6. Muss ich die Pille danach persönlich in der Apotheke holen oder darf ich auch meinen Freund schicken?
Die Abgabe der Pille danach ist mit einer Beratung in der Apotheke verbunden. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) und die Bundesapothekerkammer empfehlen, das Medikament nur direkt an die betroffene Person zu übergeben.
Da dein Partner vermutlich nicht so genau über deinen Körper und deinen Zyklus Bescheid weiß wie du, ist es sinnvoll, die Pille danach selbst zu holen. Schließlich sind klare Informationen in der Apotheke entscheidend – stille Post mag bei Kindergeburtstagen gut funktionieren, für medizinische Anweisungen aber definitiv nicht.
7. Wann sollte ich die Pille danach nehmen?
So bald wie möglich! Je näher der Eisprung rückt, desto schwieriger wird es, ihn zu verzögern. Die Pille mit dem Wirkstoff Levonorgestrel sollte idealerweise innerhalb weniger Stunden nach dem ungeschützten Sex eingenommen werden, da ihre Zuverlässigkeit bereits nach etwa 6 Stunden sinkt. Nach 3 Tagen wirkt sie nicht mehr.
Die Pille mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat ist etwas länger wirksam: Sie bleibt in den ersten 24 Stunden am zuverlässigsten, verliert aber nach 3 Tagen deutlich an Wirkung und ist nach 5 Tagen komplett unwirksam. Schnelligkeit zählt also!
8. Beeinflusst das Körpergewicht die Wirkung der Pille danach?
Ja, das Körpergewicht kann tatsächlich eine Rolle spielen. Laut dem Berufsverband der Frauenärzte nimmt die Zuverlässigkeit des LNG-haltigen Präparats bei Frauen mit einem Körpergewicht ab 75 Kilogramm oder einem BMI von 25 ab. Für UPA-haltige Notfallmedikamente wird es ab 90 Kilogramm bzw. einem BMI von 30 kritisch.
Der Grund? Der Wirkstoff verteilt sich auf ein größeres Körpervolumen, sodass möglicherweise nicht mehr genug davon an den Eierstöcken ankommt, um den Eisprung zuverlässig zu verzögern. Solltest du dann einfach 2 oder 3 Notfall-Pillen einwerfen? Keine gute Idee, denn das Prinzip geht leider nicht auf (und ist auch alles andere als gesund). Besser, du suchst so bald wie möglich deinen Frauenarzt auf und lässt dir gegebenenfalls eine Kupferspirale einsetzen (siehe Frage 13).
9. Wie sicher ist die Pille danach?
Bei einmaligem Sex rund um den Zeitpunkt des Eisprungs werden etwa 5 von 100 Frauen schwanger, sagt die Statistik. Wird die Tablette so schnell wie möglich nach dem ungeschützten Sex eingenommen, sind es mit der LNG-Notfall-Pille etwa halb so viele, mit der UPA-Pille ein Drittel.
Falls sie gewirkt hat, bekommst du meist zum gewohnten Zeitpunkt deine Tage beziehungsweise, wenn du regulär die Antibabypille nimmst, eine normale Abbruchblutung. "Verschiebt sich die Monatsblutung aber um mehr als 7 Tage oder ist sie ungewöhnlich schwächer als sonst, sollte man unbedingt einen Schwangerschaftstest machen und einen Frauenarzt aufsuchen", rät Dr. Albring.
10. Kann ich die Pille danach für Notfälle bunkern?
Du kannst ziemlich sicher sein, dass dir niemand in der Apotheke eine Vorratspackung verkaufen wird. Es gibt zu viele Leute, die befürchten, Frauen könnten unvorsichtig werden und diese reine Notfall-Pille als eine Art reguläres Verhütungsmittel ansehen.
11. Nehme ich nach der Pille danach meine Antibabypille weiter?
"Da der Eisprung durch die Einnahme der Pille danach nicht komplett aussetzt, sondern nur verzögert wird, muss man unbedingt bis zur nächsten Menstruation weiter verhüten", sagt Dr. Albring. Mehr Infos hier: Das sollte jede Frau über ihren Eisprung wissen.
Die normale Antibabypille nimmst du wie gewohnt weiter, damit dein Körper nicht komplett aus dem Takt kommt. "Allerdings ist bis zur nächsten Monatsblutung eine zusätzliche Verhütung mit Kondomen notwendig, egal ob hormonell verhütet wird oder nicht."
12. Wie finde ich eine Apotheke für die Pille danach?
Sind die Geschäfte geöffnet – überall. Aber solche "Unfälle" lassen sich nicht planen, am Wochenende oder mitten in der Nacht hilft nur noch die Notdienst-Apotheke. Welche in deiner Nähe geöffnet hat, erfährst du zum Beispiel im Internet auf der Webseite meine-notfallpille.de oder über die Apothekenfinder-App.
13. Gibt es auch Alternativen zur Pille danach?
Eine andere Möglichkeit, nach ungeschütztem Sex eine Schwangerschaft zu verhindern, ist das Einsetzen einer Kupferspirale, die im Gegensatz zur Notfall-Pille eine fast 100-prozentige Sicherheit bietet (Weitere homonfreie Verhütungsmethoden erklären wir dir hier).
Sie kann bis zu 5 Tage nach ungeschütztem Sex von einer Frauenärztin eingesetzt werden und eignet sich gleichzeitig als langfristiges Verhütungsmittel. Im Gegensatz zur Pille danach verhindert sie nicht den Eisprung. Stattdessen gibt die Metalloberfläche der Spirale winzige Mengen an Kupferionen und galvanischen Strömen in die Gebärmutter ab. Diese verändern die Gebärmutterschleimhaut so, dass sich ein befruchtetes Ei nicht einnisten kann.
Wichtig dabei: Durch die Veränderungen in der Gebärmutterschleimhaut kann es bei der Verwendung der Kupferspirale zu stärkeren und längeren Monatsblutungen kommen. Daher eignet sich dieses Verhütungsmittel besonders für Frauen, die bisher keine Probleme mit starken Regelblutungen hatten.
Fazit: Die Pille danach wirkt zuverlässig – wenn du sie richtig einsetzt
Die Pille danach ist nicht mit einer Abtreibung zu vergleichen. Sie wirkt, indem sie den Eisprung verschiebt, also bevor es zu einer Befruchtung kommt. Dennoch sollte sie nur in wirklichen Notfällen angewandt werden. Hast du öfters Verhütungs-Pannen, solltest du deine Verhütungsmethode verändern.
Erwähnte Quellen:
Katherine J Hladky, Jenifer E Allsworth et al. Women’s Knowledge About Intrauterine Contraception. Obstet Gynecol. 2011 Jan; 117(1): 48–54. doi: 10.1097/AOG.0b013e318202b4c9
Eduardo Lara-Torre, Laurie Spotswood et al. Intrauterine contraception in adolescents and young women: a descriptive study of use, side effects, and compliance. J Pediatr Adolesc Gynecol. 2011 Feb;24(1):39-41. doi: 10.1016/j.jpag.2010.07.001.