Die Corona-Fälle steigen wieder. Das zeigen die Abwasser-Überwachung des RKI. Was bedeutet das für den Herbst, worauf sollten wir uns einstellen? Welche Maßnahmen machen Sinn?
Woher weiß man, dass die Zahl der Corona-Infektionen wieder ansteigt?
Wohin man schaut, Kollegen und Freunde niesen, husten und haben Schnupfen. Die Zahl der Arztbesuche wegen Atemwegserkrankungen steigt, das zeigt das Infektionsradar (Stand 29.8.2024). Doch ob Corona-, RSV- oder andere Erkältungsviren dahinterstecken, das testen die meisten von uns nicht mehr. Deshalb schauen Fachleute auf die sogenannte Abwasser-Surveillinace.
Schon seit Mai 2022 wird die SARS-CoV-2-Viruslast in Kläranlagen getestet. Mit dieser Monitoring-Technik können Erreger im Abwasser nachweisen werden, um Gesundheitsschutzmaßnahmen besser steuern zu können, so das RKI. Da viele mit Erkältungssymptomen sich heute nicht mehr auf Corona testen (lassen), ist dies eine recht zuverlässige Methode, die Entwicklung des Corona-Virus zu beobachten.
Danach fiel seit dem letzten Peak im Dezember 2023 die Viruslast in Deutschland steil ab und pendelte sich auf einem recht niedrigen Niveau ein. Doch seit April steigen die nachgewiesenen "Genkopien" pro Liter Abwasser, das ist die Einheit, in der die Erreger gemessen werden, wieder an. Und es zu befürchten, dass diese mit dem Ende der Sommerferien und dem Einsetzen des Herbstes weiter ansteigen.
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Welche SARS-CoV-2-Erreger sind gerade unterwegs?
In Deutschland ist die Sublinien KP.3.1.1 neben der Elternlinie KP.3 vorherrschend. Ihr Anteil lag zusammengefasst für die 30. und 31. KW bei 46 bzw. 28 Prozent, so der Wochenbericht des RKI zur aktuellen Situation akuter Atemwegs-Erkrankungen (ARE-Report). Sie gehören zu den s.g. FLiRT-Varianten, die sich aus dem JN.1-Stamm entwickelt haben. Ihnen gemeinsam ist eine Mutation im Spike-Protein, das das menschliche Immunsystem leichter umgehen kann.
Laut einer aktuellen japanischen Studie vom Juli 2024 zeichnet sich dieser Stamm durch eine höhere "virale Fitness" aus, sprich, sie verbreitet sich sehr schnell und leicht, und könnte die nächste dominante Variante weltweit werden, so die Wissenschaftler. Schon die Vorgänger-Variante KP.2 zeigte ein erhöhtes Immunflucht-Potential, wodurch das Virus das Immunsystem des Wirts leichter überwinden kann, unabhängig davon, ob er geimpft ist oder eine (länger zurückliegende) Infektion mit SARS-CoV-2-Viren hatte.
Wie gefährlich sind die neuen KP.3-Corona-Varianten?
Das kann man bisher nicht abschließend sagen, doch die japanische Studie legt nahe, dass bereits K.2 im Vergleich zu anderen Varianten eher mildere Symptome hervorruft. In den USA, wo KP.2 und KP.3 bereits länger zu den dominanten Varianten gehören, registrierte der Covid Data Tracker in den letzten Monaten keine Todesfälle durch SARS-CoV-2.
"Dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 seltener tödlich verläuft, liegt auch daran, dass immer mehr Menschen gegen das Virus geimpft sind und/oder eine Infektion durchgemacht haben", sagt Dr. Friederike Hunstig, Fachärztin für Innere Medizin am Uni-Klinikum Hamburg.
Gibt es einen Impfstoff gegen KP.2- oder KP.3-Varianten?
Einen auf die KP.2- und KP.3-Varianten optimierten Impfstoff gibt es zwar bislang nicht, doch seit Anfang Juli gibt es in der EU einen auf JN.1 optimierten Impfstoff (Comirnaty JN.1). Die in Deutschland gerade dominanten KP.3-Varianten sind Untervarianten der JN.1-Variante.
Auch Impfungen gegen frühere Corona-Varianten sind sinnvoll und können schweren Verläufen mit aktuellen Viren vorbeugen, da sich das Virus im Laufe der Mutationen immer nur partiell verändert.
"Impfen schützt den einzelnen und erhöht gleichzeitig die Herdenimmunität", sagt Dr. Hunstig. Sie rät allen Risikogruppen, deren letzte Corona-Impfung ein Jahr zurückliegt, diese aufzufrischen. "Dazu gehören nicht nur Menschen über 60 Jahre", sagt die Ärztin, "Sondern auch junge Menschen, zum Beispiel mit Diabetes, Herzerkrankungen oder HIV sowie medizinisches Personal, und alle, die das Immunsystem unterdrückende Medikamente nehmen müssen wie Krebspatienten und Rheumatiker*innen."
Zur Erinnerung: Impfungen können schwere Verläufe verhindern und Long Covid-Fälle reduzieren. "Wir haben inzwischen gute, wirksame Medikamente gegen SARS-CoV-2-Symptome", so die Expertin, "Gegen Long Covid aber gibt nach wie vor kein gutes Therapiekonzept." Die diffuse Krankheit, die oft mit schweren Einschränkungen des alltäglichen Lebens einhergeht, z.B. dem Fatigue Syndrom, kann jeden und jede treffen, haben die letzten Jahre gezeigt, auch fitte junge Menschen.
Welche Corona-Schutzmaßnahmen sollte man zum Herbst und Winter 2024 wieder anwenden?
"Bei Krankheitssymptomen sollte man nicht mehr zur Arbeit gehen", rät Dr. Hunstig. Das haben wir während der Pandemie-Jahre gelernt und sollten wir beibehalten, um andere nicht anzustecken. Bei leichten Symptomen können die meisten von uns inzwischen im Homeoffice arbeiten, ansonsten sollte man sich ausruhen und schonen. Tipps, wie du Erkältungssymptome am besten selbst behandeln kannst, liest du hier.
Bei starker Erkältungssymptomatik solltest du eine hausärztliche Praxis aufsuchen, mit Maske zum Schutz der anderen Patienten im Wartezimmer natürlich, das sollte mittlerweile selbstverständlich sein. Dass chirurgische Masken tatsächlich Ansteckungen verhindern können, hat gerade erst wieder eine norwegische Studie bewiesen, die während der norwegischen Grippe-Saison Februar bis April 2023 durchgeführt wurde.
Fazit: Corona wird uns erhalten bleiben. Zu Beginn des Herbstes 2024 sieht es so aus, dass das Virus zwar ansteckender geworden ist, aber kaum schwere Verläufe hervorruft, jedenfalls nicht bei Geimpften und bei denen, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben. Gehörst du zu einer Risikogruppe, raten Expert*innen dennoch zu einer Auffrischungsimpfung.
Erwähnte Quellen:
Centers for Disease Control and Prevention: COVID Data Tracker, Stand 17.8.2024, https://covid.cdc.gov/covid-data-tracker/#variant-proportions
Robert Koch Institut: Abwassersurveillance AMELAG, 17.7.2024, https://zenodo.org/records/12755663
Yu Kaku et al.: Virological characteristics of the SARS-CoV-2 KP.2 variant, 2024, in: The Lanet Infectious Diseaes; doi 10.1016/S1473-3099(24)00298-6
gesund.bund Portal des Bundesministeriums für Gesundheit: Infektionsradar, aufgerufen am 29.8.2024, https://infektionsradar.gesund.bund.de/de
Runar Barstad Solberg et al.: Personal protective effect of wearing surgical face masks in public spaces on self-reported respiratory symptoms in adults: pragmatic randomised superiority trial, 2024, in: National Library of Medicine; doi 10.1136/bmj-2023-078918