Du wachst auf, fühlst dich nicht gut und hast keine Ahnung, woran es liegen könnte. Ein Blick aus dem Fenster genügt und schon hast du den Übeltäter: das Wetter. Kommt dir bekannt vor? Dann gehörst du wohl auch zu den über 50 Prozent der Deutschen, die an Wetterfühligkeit leiden.
Wie du dich gegen dieses Phänomen wappnen kannst, haben wir Prof. Dr. Andreas Matzarakis, Medizin-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst, gefragt. Das sind seine Antworten.
Was ist Wetterfühligkeit?
Alle Menschen reagieren auf das Wetter. Sobald sich die äußeren Umstände ändern, passt sich der Körper an, damit Organe und Körper weiterhin optimal funktionieren. Bei manchen Menschen passiert das alles still und heimlich. Bei anderen führt es zu Beschwerden. Als Wetterfühligkeit werden dabei speziell die Anpassungen des vegetativen Nervensystems bezeichnet, also Vorgänge des Organismus, die du willentlich nicht beeinflussen kannst.
Prof. Dr. Matzarakis betont jedoch: "Wetterfühligkeit ist eine Beschwerde, keine Diagnose." Sprich: Diese sensible Reaktion auf bestimmte Wetterverhältnisse ist keine Krankheit. Vielmehr ist das Wetter der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Übrigens, neben der Wetterfühligkeit, gibt es auch die Wetterempfindlichkeit. Der Unterschied: Wetterempfindliche leiden viel stärker, haben eine längere Krankheitsgeschichte und Vorerkrankungen, die sich durch das Wetter verstärken.
Mythos oder Wissenschaft: Was steckt dahinter?
Obwohl das Phänomen Wetterfühligkeit die Wissenschaft immer noch vor Rätsel stellt, sollte es ernstgenommen werden: "Die Betroffenen leiden an diversen Symptomen", so Prof. Dr. Matzarakis. Erklärungen, was genau im Körper passiert, gibt es bisher zwar keine. Fakt ist jedoch: "Die Menschen spüren den Einfluss, der eine Störung hervorruft. Sie können nur nicht unterscheiden, was dahinter steckt."
Meist sind es besonders sensible Menschen, die beispielsweise auch auf Stress stärker reagieren. Auch bei vielen Vorerkrankungen und steigendem Alter, nehmen die wetterbedingten Beschwerden zu. "Man geht davon aus, dass der Körper irgendwo schon mit einer Störung kämpft, die sich nur noch nicht zeigt. Das Wetter ist dann der Auslöser."
Hinter Wetterfühligkeit steckt also definitiv mehr als nur ein Mythos. Das zu beweisen, ist auch das Ziel der Wissenschaft, weshalb auf diesem Gebiet weiterhin geforscht wird.

Welche Symptome treten bei Wetterfühligkeit auf?
Die Symptome von Wetterfühligkeit sind sehr individuell und äußern sich auf ganz unterschiedlichen Wegen. Dazu gehören:
- allgemeines Unwohlsein
- Kopfschmerzen
- Migräne
- schlechter Schlaf / Schlafstörungen
- Abgeschlagenheit
- Schwindelattacken
- Nervosität
- depressive Stimmung
- Konzentrationsstörungen
- Phantomschmerzen, zum Beispiel an Narben
- Thrombose
- Herzprobleme
- Atemwegsprobleme, Asthma
- Blutdruckprobleme
Die Liste ist lang und erstreckt sich über eine sehr weite Bandbreite. Das ist auch der Grund dafür, dass sich Wetterfühligkeit nicht diagnostizieren lässt. Natürlich kann das Wetter Auslöser für diese Symptome sein, muss es aber nicht. Und wenn es doch Schuld an den Beschwerden hat, dann eben nur augenscheinlich, weil irgendetwas in deinem Organismus verrutscht ist und deswegen sensibel reagiert. Und trotzdem geht es dir nicht gut, das solltest du nicht herunterspielen.

Wann tritt Wetterfühligkeit auf?
So individuell wie die Symptome sind auch die Wetterlagen, die Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme und Co. auslösen können. Auf welche Wetterlage du reagierst, musst du selbst an dir beobachten. Die Beschwerden können bei ganz unterschiedlichen Wetterverhältnissen auftreten. Dennoch lassen sich durchaus Gemeinsamkeiten beobachten: "Interessant ist, dass man die Wetterlagen unterscheiden und verschiedenen Symptome zuweisen kann", erklärt Prof. Matzarakis. Eindeutig ein weiteres Indiz, dass Wetterfühligkeit nicht nur Einbildung ist.
"Die Wetterlage mit den wenigsten Symptomen sind Hochdruckgebiete und Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad", so der Medizin-Meteorologe. Kein Wunder. Hochdruckgebiete sorgen dafür, dass sich die Wolken verziehen und die Sonne rauskommt. Allein der Gedanke daran, führt bei vielen schon zu einem kleinen Lächeln. Und wenn sie erst mal da ist, steigt bei den meisten sofort die Laune. Wer ganz akribisch sein möchte, zählt auch das zur Wetterfühligkeit – nur eben im positiven Sinne.
"Die meisten negativen Symptome zeigen sich bei Tiefdruckgebieten", erklärt der Experte. Auch ein Wechsel von warm zu kalt oder andersherum ist für Wetterfühlige meist nicht ohne. Körperliche Beschwerden inclusive. Dabei lassen sich von Wetterlage zu Wetterlage typische, immer wieder auftretende Symptome erkennen.
- Warmfront (Tiefvorderseite): Besonders heimtückisch ist ein anrückendes Tief, die sogenannte "warmluftadvektive Tiefvorderseite". Die hat meist nicht nur tagelangen Regen, sondern vor allem alle Beschwerden von Kopfschmerzen, Migräne, Schlafstörungen, Thrombose, Phantomschmerzen bis hin zu Asthma im Gepäck. Sogar das Herzinfarktrisiko nimmt zu.
- Kaltfront (Tiefrückseite): Treffen eine Kaltfront und warme Luft aufeinander, solltest du dich warm einpacken. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Kombination führt meist zu Gewitter und die Temperaturen fallen in den Keller. Besonders häufig treten dabei Kopfschmerzen, Blutdruck- und Herzprobleme, Asthma oder chronische Bronchitis auf.
- Tiefdruckzentrum: Auch das Zentrum eines Tiefdruckgebiets ist nicht ganz ohne. Nicht nur das allgemeine Wohl kann darunter leiden. Obendrauf treten typischerweise Kopfschmerzen, Blutdruck- und Atemwegsprobleme sowie Phantomschmerzen auf.
Übrigens: Der Deutsche Wetterdienst informiert nicht nur über das anstehende Wetter, sondern gibt auch spezielle Infos für Wetterfühlige heraus.

Was kann man gegen Wetterfühligkeit tun?
Ein Patentrezept gibt es leider nicht. "Vorbeugen ist die beste Medizin“, empfiehlt der Experte. "Das beste Mittel ist, den Körper zu trainieren und abzuhärten." Natürlich an der frischen Luft und egal bei welchem Wetter.
Dabei geht es nicht um harte Sporteinheiten. Ein Spaziergang tut es auch. Hauptsache, du gehst vor die Tür. "Das beste Wetter ist schlechtes Wetter", erklärt Prof. Dr. Matzarakis. Denn: Dabei wird der Körper gefordert und benötigt Energie. Ein kleiner Kältereiz ist deshalb optimal, um deinen Organismus fit zu machen. Das funktioniert übrigens am besten bei einer Temperatur zwischen 17 und 23 Grad oder niedriger.
Auch hilfreich sind Wechselduschen. Kostet zwar Überwindung, zahlt sich aber aus. Da auch andere Faktoren wie zum Beispiel Stress das vegetative Nervensystem belasten, kann es hilfreich sein, sich regelmäßige Ruhepausen zu gönnen, auf genug Schlaf und eine gesunde, ausgewogene Ernährung zu achten. Damit solltest du am besten gleich morgen anfangen. Denn die Beschwerden erst einmal da sind, sind sie schwer zu behandeln.
Wetterfühligkeit ist in ihren Ausprägungen sehr verschieden. Wenn du weißt, welche Wetterlage dir zu schaffen macht, kannst du dich vorbereiten und dir Ruhe gönnen. Langfristig kannst du versuchen, deinen Körper "abzuhärten", z. B. durch Wechselduschen.