Das Märchen, Laufen verursache Arthrose, hält sich hartnäckig. Allerdings finden sich unter den 15 Millionen Bundesbürgern, die unter Arthrose leiden, kaum Läufer:innen. Studien zeigen, dass das allgemeine Risiko, an Arthrose zu erkranken, für Sportler generell niedriger ist als für inaktive Personen. Und zwar selbst dann, wenn man die höhere Verletzungsrate und die damit ein-hergehenden Verletzungen des Knorpelgewebes bei Sportlern berücksichtigt.
Ein wichtiger Grund dafür, dass (Freizeit-) Sportlerinnen seltener an Arthrose erkranken, könnte eine überdurchschnittlich ausgeprägte Muskulatur sein, die die Gelenke stabilisiert und somit den Knorpel besser vor Überbelastung schützt. Diese präventive Wirkung fällt allerdings weg, sobald eine Läuferin, die längere Zeit aufgrund einer Verletzung oder von Zeitmangel nicht trainiert hat, plötzlich wieder ins Training einsteigt. Dann besteht die Gefahr, dass das Gleichgewicht zwischen Belastung und Belastbarkeit des Knorpels zu sehr voneinander abweicht. In solchen Fällen steigt das Risiko für die Entstehung einer Arthrose. Wichtig zu wissen: Frauen leiden häufiger an Arthrose. Ab dem 50. Lebensjahr ist jede dritte Frau betroffen, ab 60 sogar jede zweite. Also, was hilft dagegen? Das klären wir hier.
Welchen Einfluss hat Sport auf Arthrose?
Grundsätzlich gilt: Regelmäßige Belastung trainiert aus biomechanischer Sicht die Muskulatur des Kniegelenks, die Oberschenkel- sowie die Wadenmuskulatur und schult die Koordination. Das wiederum verbessert die Gelenkstabilität und hat positive Auswirkungen auf den Gelenkknorpel. Man kann davon ausgehen, dass Lauftraining im Grundlagenbereich sogar präventiv wirkt, da durch die Druck-, und Zugbelastung der Gelenke eine bessere Versorgung des nicht durchbluteten Knorpelgewebes gewährleistet ist.
Moderates Training von 5 Stunden pro Woche oder 40 Stunden pro Monat führt Wissenschaftlern zufolge zu einer besseren Gelenkfunktion, also besserer Beweglichkeit und Stabilität. Dieser positive Effekt verringert sich allerdings im Hochleistungssport. So besteht bei Ausdauersportlern mit zunehmender Streckenlänge ein erhöhtes Risiko für ein Defizit der muskulären Stabilität. Dadurch werden Fehlstellungen der Beine und eine asymmetrische Kraftverteilung der Muskeln begünstigt.
Man kann das bei Wettkämpfen oft gut beobachten: Viele Läufer starten mit einem nahezu einwandfreien Laufstil. Nach etwa 10 bis 15 Kilometern wird jedoch der Rücken rund, die Hüfte knickt ein und die Knie fallen bei jedem Schritt ein wenig mehr nach innen. Die Belastung beim Auftreten zentriert sich dann in einem bestimmten Bereich des Kniegelenks, was zu Spitzenbelastungen einzelner Strukturen führt.
Wie funktionieren Gelenke überhaupt?
Stell dir das Knorpelgewebe wie eine flexible Matte aus Moosgummi vor, die auf die Gelenkflächen geklebt und mit Vaseline eingeschmiert wurde. Die Hauptbestandteile des hyalinen Knorpelgewebes sind Wasser, knorpelspezifische Zellen und Kollagen. Aus biochemischer Sicht kann sportliche Belastung die Herstellung von knorpelspezifischen Zellen erhöhen. Das Knorpelgewebe wird dadurch auf biomechanischer Ebene strapazierbarer, kann also stärkeren Belastungen standhalten.
Eine intakte Knorpelstruktur ist die Voraussetzung für optimale biomechanische Verhältnisse und reibungslose Bewegungsabläufe eines Gelenks. Der hyaline Knorpel gewährleistet unter statischen und dynamischen Bedingungen, also in Ruhe und Bewegung, das reibungsarme Gleiten der Gelenkflächen aneinander und übereinander. Außerdem ermöglicht es die Absorption sowie die gleichmäßige Übertragung von Scher- und Kompressionskräften auf den darunterliegenden Knochen. Kommst du also beim Laufen mit dem Fuß auf, federst du die Druckbelastung zuerst mit der voraktivierten Beinmuskulatur ab, während der Gelenkknorpel als Stoßdämpfer die Belastung der Knochen schützt.
Wie macht sich Arthrose bemerkbar?
Die gesunde Knorpelschicht der Gelenke, die als Stoßdämpfer fungiert und eine reibungslose Bewegung ermöglicht, wird bei einer Arthrose immer dünner, bis sie sich fast komplett auflöst. Dadurch reiben die Knochenenden ungeschützt aufeinander, was erhebliche Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im betroffenen Gelenk verursachen kann. Wichtig dabei: Das Knorpelgewebe wird nicht durchblutet und ist nicht schmerzempfindlich. Die auftretenden Schmerzen entstehen am Knochen und in den umliegenden Muskel- und Bandstrukturen.
Arthrose zeichnet sich durch sogenannte Anlaufschmerzen aus, die am Morgen nach dem Aufstehen oder nach längerem Sitzen am stärksten sind. Beim Aufstehen kann beispielsweise das Kniegelenk zuerst nur schwer gestreckt werden und schmerzt beim Auftreten. Bei kontinuierlicher gleichmäßiger Bewegung nehmen die Schmerzen langsam ab. Arthrose im Knie- und Hüftgelenk erschwert zudem häufig das Treppenlaufen, vor allem beim Hinuntergehen. Arthrotische Gelenke reagieren sehr empfindlich auf Berührungen und manuellen Druck. Allgemein gilt: Arthrose kann sämtliche Gelenke des Körpers treffen und starke Schmerzen verursachen.
Wie bekommt man Arthrose?
Die Arthrose wird heute nicht mehr als eine rein degenerative Verschleißerkrankung angesehen, die durch eine alters- bedingte Abnutzung der Gelenkflächen entsteht. Da es sich um eine multikausale Erkrankung mit vielen verschiedenen möglichen Ursachen handelt, gehen arthrotische Knorpeldefekte mit Veränderungen aller umliegenden gelenkbildenden Strukturen einher. Dazu zählen die Gelenkflüssigkeit, die Knochen, Bänder, die Gelenkkapsel und alle gelenknahen Muskeln.
Man unterscheidet außerdem die primäre und die sekundäre Arthrose. Die Ursachen für eine primäre Arthrose, die ohne ein vorhergehendes Trauma entsteht, können neben anatomischen Abweichungen auch Störungen des Knorpelstoffwechsels sowie genetische Faktoren sein. Anatomische Abweichungen der Knochen, die ein Gelenk bilden, führen zu dauerhafter Überbelastung eines Knorpelbereichs und dadurch zur Arthrose.
Eine sekundäre Arthrose wird vor allem durch Traumen wie Sportverletzungen, aber auch durch Übergewicht, Infektionen, rheumatische Erkrankungen oder eine dauerhafte Fehlbelastung eines Gelenks hervorgerufen. Eine Arthrose kann auch aufgrund von anatomischen Fehlstellungen entstehen. Jedoch zählen Übergewicht, Bewegungsmangel und Fehlernährung, die zur Übersäuerung des Organismus führt, zu den Hauptursachen.
Was hilft gegen Arthrose?
Das Zauberwort heißt: Bewegung. Kontinuierliche Bewegung für mindestens 30 Minuten pro Tag verbessert die Ernährungssituation des vorhandenen Korpelgewebes. Gezieltes Krafttraining hilft, die umliegende Muskulatur des betroffenen Gelenks zu stabilisieren und damit das Knorpelgewebe zu entlasten. Eine ausführliche Befundung bei einem Physiotherapeuten kann außerdem Asymmetrien in der Muskulatur aufdecken. Mit einem daraus abgeleiteten Übungsprogramm kannst du muskulären Defiziten langfristig entgegenwirken.
Bei Übergewicht oder Adipositas heiß es: Abnehmen. Aber mit Köpfchen, denn: Wenn du dein Gewicht zu schnell reduzierst, verlierst du auch Muskelmasse. Eine sinnvolle Kombination aus gewichtsreduzierender Ernährung, Bewegung und Kraftübungen führt am schnellsten ans Ziel. Die Gewichtsreduktion verlangsamt den arthrotischen Prozess, während Bewegung den Knorpelstoffwechsel fördert und Kraftübungen die Stabilisation des Gelenks verbessern.
Was macht der Gelenkknorpel?
Der hyaline Gelenkknorpel lässt sich je nach Literatur in 3 bzw. 4 übereinanderliegende Zonen unterteilen. Es handelt sich um ein komplexes Stützgewebe, das 2 gelenkbildende Knochen auf den Flächen überzieht, die bei Bewegungen aneinandergleiten. Im Kniegelenk ist diese Knorpelschicht 2 bis 5 Millimeter dick.
Hyaliner Gelenkknorpel besteht aus Knorpelzellen (Chondrozyten) und Knorpelmatrix. Die Hauptbestandteile des Knorpelgewebes sind Wasser, knorpelspezifische Zellen und Collagen. Hyaliner Knorpel hat keine Nerven, sodass weder Schmerz noch Ermüdung wahrgenommen werden können. Eine weitere Besonderheit des Knorpels ist die fehlende Lymphgefäß- und Blutversorgung. Daher kann die Nährstoffversorgung nur mithilfe der Gelenkflüssigkeit, die sich zwischen den Gelenkflächen befindet, erfolgen.
Allerdings besitzt hyaliner Gelenkknorpel nur eine sehr geringe und langsame Durchlässigkeit für diese Flüssigkeit. Dadurch ist der Knorpel anfällig für eine Minderversorgung. Die mechanische Stimulation des Knorpels durch Belastung ist für den Knorpelstoffwechsel aufgrund der fehlenden Durchblutung von großer Wichtigkeit. Während kontinuierliche Belastung zu einer vermehrten Produktion von knorpelspezifischen Zellen führt, nimmt die Konzentration selbiger im Knorpelgewebe bei fehlender Belastung ab. Die Folge ist eine geringere Belastbarkeit. Und: Hyaliner Gelenkknorpel besitzt kaum Regenerationspotenzial. Er bildet nur dann Reparaturgewebe aus, wenn die Verletzung des Knorpels bis in den Knochen hineinreicht.
Wie kann Supplementierung helfen, etwa mit Collagen?
Lange Zeit war die Wirkung von Collagen als Supplement noch unklar. Mittlerweile wurden aber weltweit zahlreiche Studien durchgeführt, welche die Wirkung von Collagen insbesondere bei Beschwerden an Gelenken, Sehnen und Bändern bestätigen. Eine Nahrungsergänzung mit bioaktiven Collagen-Peptiden kann sich nachweislich positiv auf den durch sportliche Belastungen hervorgerufenen Gelenkverschleiß auswirken.
Für Arthrose-Patienten sind Präparate interessant, welche die Regeneration der Gelenkknorpel nachweislich unterstützen, die Gelenkbeweglichkeit erhalten und aktivitätsbedingte Gelenkschmerzen reduzieren. Auch gut ist, wenn das Präparat bei der Kräftigung von Sehnen und Bändern unterstützend wirkt, vor Überbeanspruchung im Sport schützt und die Rückkehr zum Training nach Rückschlägen beschleunigt.
Welche Übungen helfen dabei, Arthrose auszubremsen?
Bewegung für mindestens 30 Minuten pro Tag verbessert die Ernährungssituation des Knorpelgewebes. Hohe Beweglichkeit und trainierte Muskeln lassen Gelenke (länger) wie geschmiert ihren Job tun. Diese 5 Moves helfen dabei. Gönne dir 2-mal pro Woche 2 bis 3 Sätze.
Vierfüßlerstand mit Heben
1. Hinknien, Hände unter den Schultern aufstützen. Rücken ist gerade, der Blick geht zu Boden.
2. Rechten Arm auf Kopf- und linkes Bein auf Hüfthöhe anheben. Zurück zu 1., gegengleich wiederholen.
10- bis 12-mal je Seite
Katze-Kuh
1. Hinknien, Hände unter den Schultern aufstützen. Rücken runden und den Kopf zwischen die Oberarme führen.
2. Rücken absenken und ein Hohlkreuz bilden. Kopf dabei in den Nacken legen. Ablauf flüssig wiederholen.
8 bis 10 Wiederholungen
Tai-Chi-Schwünge
1. Hüftbreiter Stand. Hände mit nach vorn gestreckten Armen auf Brusthöhe ineinander verschränken.
2. Arme und Oberkörper auf die linke Seite schwingen, dazu rechte Ferse lösen und über die Zehen mitdrehen.
3. Schwungvoll über Position 1 direkt auf die rechte Seite drehen. Rechte Ferse absetzen, linke anheben und über die Zehen drehen.
8 bis 10 Schwünge je Seite
Good mornings
1. Hüftbreit auf ein Widerstandsband stellen. Schlaufe in den Nacken legen, das Band auf Taillenhöhe umgreifen.
2. Mit geradem Rücken – Bauch ist fest – langsam nach vorn lehnen. Blick geht zu Boden. Zügig aufrichten.
10 bis 12 Wiederholungen
Rumpfheben
1. In Bauchlage Arme seitlich neben dem Körper halten, Daumen zeigen nach unten.
2. Po anspannen, Brust und Arme so weit wie möglich anheben. Zurück zu 1.
10 bis 12 Wiederholunge
Arthrose betrifft sehr viele Frauen, aber eher selten Sportlerinnen. Mit dem richtigen Maß an Bewegung machst du einen Bogen um die Volkskrankheit und bleibst bis ins hohe Alter fit und mobil.