Was an Frauenfußball so nervt

Frauenfussball
WM 2019: Was mich an "Frauenfußball" so nervt

Veröffentlicht am 07.06.2019
WM 2019: Was mich an "Frauenfußball" so nervt
Foto: Sebastian Schade

Ob du dich für Fußball interessieren oder nicht, das hier solltest du lesen, denn es geht uns alle an. Zu jeder Fußball-WM ist es das gleiche. Immer wieder stellen Leute mir dieselben 3 Fragen:

  1. Guckst du Frauenfußball?
  2. Wenn ja, warum?
  3. Wenn nicht, was stört dich daran?

Meine Antworten sind auch immer die gleichen, nur dass ich sie jetzt mal aufschreibe:

  1. Ja, wenn es zeitlich passt, genau wie bei anderen Sportarten.
  2. Weil ich gerne Fußball gucke. (Dazu: ratloser Blick meinerseits, was daran so schwer zu verstehen ist.)

Und die 3. Frage beantworte ich dann auch, obwohl ich das ja eigentlich nicht müsste. Aber es gibt tatsächlich etwas, das mich an "Frauenfußball" tierisch nervt: Das Wort.
Ja, genau, das Wort "Frauenfußball". Ich finde, es ist zutiefst ausgrenzend, spaltend und, ja, sorry, Hammerkeulenargument: diskriminierend. Denn: Es ist der gleiche Sport, mit den gleichen Regeln, nicht mal der Ball ist kleiner oder die Halbzeit kürzer. Nein, der einzige Unterschied ist, dass in diesem Falle Frauen den Ball kicken und stoppen. Und das kann doch nicht der Grund sein, sich begrifflich so abzugrenzen.

Warum Frauenfußball ein spaltender Begriff ist

Überleg doch mal: Reden wir auch vom Frauenschwimmen? Oder vom Frauensurfen? Oder denken wir an alltäglichere Tätigkeiten und Befähigungen, um es noch deutlicher zu machen: Wenn wir öffentlich vom "Frauenführerschein" oder vom "Frauenstudium" redeten, was glaubst du, was dann los wäre? Richtig: Die Hölle. Und das zu Recht. Denn, um zum "Frauenfußball" zurückzukehren, dieser Begriff sagt: Richtiger Fußball ist nur der, den Männer spielen. Das ist doch das Letzte.

Natürlich verstehe ich, wenn wir von der "Fußball-WM der Frauen" sprechen, um das einzuordnen. Es gibt doch so viele Turniere, da kommt man ja sonst durcheinander... Andererseits könnte man sich auch einfach merken, dass ein A-Nationalmannschaften-Turnier der FIFA in einem Jahr mit ungerader Zahl ein Frauen-Turnier sein MUSS. Die A-Herren spielen immer in geraden Jahren.

Nein, "Frauengesundheit" ist nicht das gleiche

Ja, haha, lustig, dass dieser Text ausgerechnet von einem Typen kommt, der bei einer FRAUENzeitschrift arbeitet, die auch noch "FRAUENgesundheit" heißt. Fail? Sorry, aber das ist schon etwas anderes. In einigen Bereichen macht es durchaus Sinn, diese Differenzierung vorzunehmen. Beispielsweise, wenn es um spezifische Interessen geht oder um etwas, das sich sinnvollerweise speziell an Frauen richtet oder für Frauen gemacht ist. Gegen Frauenärzt*innen sagt ja auch niemand etwas.

Aber bei Dingen, die VON Frauen gemacht werden, von "Frauenirgendwas" zu reden, ist problematisch. Vor allem, wenn im Gegenzug nicht "Männerirgendwas" gesagt wird. Wenn alle ab sofort "Männerfußball" sagen, sobald die DFB-Jungs kicken, gebe ich sofort Ruhe, ich schwöre. Aber das wird wohl nicht passieren.

Es wird auch nicht besser, wenn der "Frauenfußball" besonders gelobt wird

Natürlich könnte man jetzt noch lobend erwähnen, dass der "Frauenfußball" in den letzten Jahren ja auch eine enorme Entwicklung durchgemacht hat, viel schneller und spannender geworden ist – aber für welche Ballsportart gilt das denn bitte nicht? Es wäre schon wieder ein Zugeständnis an diejenigen, die einen Unterschied machen zwischen Mann und Frau. Nein, diese Bezeichnung gehört weg. Es ist Fußball, basta.

Tatsächlich ist es keine Kleinigkeit und keine Wortklauberei, über diesen Begriff zu reden. Wir tun dem Ziel, den Fußball der Frauen aus seiner Nische und auf die große Bühne zu holen, keinen Gefallen, indem wir ihn schon begrifflich wieder gesondert einordnen. Sprache formt Bewusstsein, auf den Straßen wie in den Stadien. Wahre Gleichstellung im Fußball erreichen wir erst, wenn alle Ballverrückten sagen: "Geil, Fußball-WM! Männer oder Frauen? Ach, egal. Ich guck es sowieso!"

Die Fußball-WM der Frauen in Frankreich geht vom 7. Juni bis zum 7. Juli 2019. Die Spiele der deutschen Mannschaft werden live im Fernsehen von ARD und ZDF übertragen, andere Spiele entweder auch im TV oder im Internet (sportschau.de, ZDFsport.de, DAZN).