Die EM 2025 der Frauen steht an – diesmal in Albanien. Genau ein Jahr zuvor fand die Männer-EM 2024 in Deutschland statt. Zwei große Turniere, ein gemeinsamer Sport – und dennoch gibt es nach wie vor Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball.
Immer mehr Menschen verzichten inzwischen bewusst auf den Begriff "Frauenfußball", weil er suggeriert, dass "richtiger" Fußball nur von Männern gespielt wird. Dieses Denken gilt längst als überholt – denn Fußball ist Fußball, egal wer spielt.
Trotz aller Fortschritte gibt es jedoch weiterhin objektive Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball. Genau die nehmen wir hier unter die Lupe.
1. Physische Unterschiede: Tempo, Kraft und Dynamik
Männer sind im Durchschnitt größer, schwerer und haben mehr Muskelmasse als Frauen. Dadurch können sie härter schießen sowie schneller und mehr sprinten. Das Spiel ist insgesamt schneller.
Das muss kein Nachteil sein. Es gibt Theorien, dass genau deshalb Frauenfußball irgendwann interessanter sein könnte als Männerfußball. Der Grund: Die männlichen Fußballer könnten irgendwann zu schnell und athletisch werden, sodass es kaum noch Spielzüge gibt, sondern übermäßig viel planloses Kämpfen und Kicken im Mittelfeld.
Im Gegensatz dazu kann der Frauenfußball mit seinen Spielzügen dann interessanter sein. Außerdem zeigten Forscher im Fachblatt Sport Management Review, dass Männerfußball zwar als hochwertiger eingeschätzt wird – aber nur, wenn die Betrachter wissen, dass es sich um Männer handelt. Waren die Akteure nicht zu identifizieren, unterschied sich die Bewertung der Tore und Spielszenen hingegen nicht – Frauenfußball galt dann als genauso attraktiv wie Männerfußball.
2. Finanzen: Warum der Gender Pay Gap im Fußball besonders groß ist
Die finanzielle Kluft zwischen Männern und Frauen im Profifußball ist nach wie vor eklatant – trotz Fortschritten. Für die EM 2025 der Frauen in der Schweiz hat die UEFA das Preisgeld zwar deutlich erhöht: Insgesamt stehen 41 Millionen Euro zur Verfügung, ein Anstieg von 156 Prozent im Vergleich zur Frauen-EM 2022 (16 Mio. Euro). Doch im Vergleich zur Männer-EM 2024 in Deutschland, bei der 331 Millionen Euro ausgeschüttet wurden, bleibt der Unterschied gravierend.
Ein Beispiel: Die maximale Prämie, die ein Frauenteam 2025 bei Turniersieg erreichen kann, liegt bei 5,1 Millionen Euro. Bei den Männern 2024 waren es bis zu 28,25 Millionen Euro – also mehr als das Fünffache. Auch bei den individuellen Prämien pro Spieler: Während männliche Nationalspieler des DFB im Erfolgsfall mit 400.000 Euro rechnen konnten, liegt die DFB-Prämie für die Frauen bei 120.000 Euro pro Spielerin.
Immerhin: Erstmals sind bei der Frauen-EM 2025 die nationalen Verbände verpflichtet, 30 bis 40 Prozent des Preisgeldes direkt an die Spielerinnen weiterzugeben. In einigen Ländern, etwa in den Niederlanden oder Schweden, erhalten Nationalspielerinnen längst dieselben Prämien wie ihre männlichen Kollegen – unabhängig vom UEFA-Preisgeld.
3. Spielstil und Taktik: Weniger Fouls, mehr Fairness?
Frauen provozieren, diskutieren und schauspielern weniger im Spiel. Das berichten auch Schiedsrichter:innen, die Männer- und Frauenspiele pfeifen, wie zum Beispiel Franziska Koch. Natürlich kann man hier nicht per se verallgemeinern, auf beiden Seiten gibt es Ausnahmen.
Das Phänomen ist aber sogar wissenschaftlich belegt: In einer Studie aus dem Jahr 2011 stellten Wissenschaftler:innen fest, dass Frauen das Spiel nach Unterbrechungen nach durchschnittlich 54 Sekunden fortsetzen, während Männer dazu 79 Sekunden brauchen. Und woran liegt das jetzt? Spielanalyst Malte Siegle aus dem Forschungsteam vermutet: "Entweder nehmen die Frauen beim Spielen mehr Rücksicht aufeinander und verletzen sich dadurch weniger, oder die Männer setzen einfach mehr auf den Showeffekt und machen noch ein, zwei Rollen mehr am Boden, um den Schiedsrichter dazu zu bringen, die gelbe oder Rote Karte gegen den Gegner zu zücken."
4. Authentizität und Haltung: Warum Fußball bei Frauen nahbarer wirkt
Im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Kollegen zeigen sich Fußballerinnen oft nahbarer und artikulieren offener politische Haltungen. Männliche Profis stehen unter enormer medialer Beobachtung und wirtschaftlichem Druck vonseiten der Vereine und Sponsoren, aktivistische oder politische Äußerungen sind für sie oft nicht so leicht möglich.
In besonderem Maße lässt sich das am Thema Homosexualität beobachten. Im Profi-Männerfußball noch immer ein Tabu – bis heute gibt es keinen geouteten aktiven Bundesliga-Spieler. Im Frauenfußball dagegen ist die Akzeptanz deutlich höher, viele Spielerinnen, wie die Amerikanerin Megan Rapinoe, setzen sich aktiv für die Rechte der LGBTQ-Community ein.
5. Wahrnehmung und Medien: Wer bekommt die Aufmerksamkeit?
Obwohl Profi-Spielerinnen genauso viel und intensiv trainieren wie ihre männlichen Kollegen, erhalten sie in der öffentlichen Wahrnehmung nicht den gleichen Respekt. Viele von ihnen müssen trotz ihrer Leistung in der Bundesliga nebenbei arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Auch bei internationalen Turnieren fällt die mediale Aufmerksamkeit deutlich geringer aus als beim Männerfußball. Zwar gibt es mittlerweile mehr Berichterstattung, einzelne Spielerinnen sind bekannt, und Merchandising-Produkte wie Stickeralben oder Trikots finden mehr Verbreitung. Dennoch tun sich Fernsehsender und Medienhäuser oft schwer, dem Frauenfußball denselben Stellenwert einzuräumen – sei es bei der Übertragung von Spielen oder bei der finanziellen Bewertung von TV-Rechten.
Die Entwicklung geht immer mehr in die richtige Richtung, aber es bleibt noch viel zu tun, um sportliche Leistungen unabhängig vom Geschlecht gleichwertig sichtbar zu machen.
Fazit: Männer vs. Frauenfußball – unterschiedlich, aber doch gleichwertig
Männer- und Frauenfußball unterscheiden sich in Tempo, Physis und öffentlicher Wahrnehmung – nicht aber in Einsatz oder sportlicher Qualität. Während mediale Präsenz und Bezahlung noch hinterherhinken, wächst das Interesse am Frauenfußball stetig.