Der Trip in die Zukunft der Fitness beginnt mit einer 30 Sekunden langen Zeitreise. Vom Parkplatz am Venice Beach in Kalifornien, direkt neben dem berühmten Gold’s Gym, wo Arnold Schwarzenegger einst trainierte und wo jetzt muskelbepackte Männer in knappen Oberteilen in der Sonne die Langhanteln stemmen, geht es einen halben Block weiter, der gefühlt Lichtjahre entfernt ist, zum Hauptsitz von Supernatural, einem führenden Entwickler von Virtual-Reality-Fitness-Anwendungen in den USA.
Dort beginnt 10 Minuten später hinter einem kurios wirkenden Virtual-Reality-Headset ein Boxkampf auf dem Mond oder an einem Aussichtspunkt im Yosemite-Nationalpark, während Drake seinen Titel "Headlines" singt.
Das Training im Metaversum ist wirkungsvoller, als du es dir vorstellen kannst. Der Schweiß rinnt, die Herzfrequenz steigt deutlich an. Die Sensoren der Controller teilen der App mit, wie schnell und wie genau die Boxschläge ihr Ziel treffen. Gar nicht mal so schlecht für den Anfang!
Virtuelles Training, echter Schweiß
Training mit dem Virtual-Reality-Headset Quest 2 von Meta ist eine wundersame Erfahrung. Ähnlich verhält es sich mit den derzeit verfügbaren Fitness-Apps, das Angebot in diesem Sektor wirkt noch etwas dünn. Unternehmen wie Sony, Bytedance und Apple haben ebenfalls neue VR-Headsets auf den Markt gebracht oder haben vor, es im Laufe des Jahres 2024 zu tun, und Meta testet neue Datensammlungsmethoden, die es Nutzern ermöglichen sollen, ohne Controller zu spielen.
Es gibt eine ganze Reihe aktueller VR-Fitness-Spiele mit spannenden Anwenungen, darunter zum Beispiel solch einzigartige Erfahrungen wie Radfahren in Paris mit "Holofit", Dehnen der Gesäßmuskulatur auf Tahiti mit "Fit XR" und Hand-Augen-Koordinationstraining mit "Reakt". Diese noch sehr jungen Angebote machen sehr viel Spaß, sind echt schweißtreibend und können geradezu süchtig machen.
Der Nachweis: Digitales Training macht fit
Die Firma Supernatural, die erst in der Corona-Pandemie gegründet wurde, hat jetzt schon rund 90.000 User in ihrer offiziellen Facebook-Gruppe. Ein Grund für den Siegeszug von VR-Apps fürs Training liegt darin, dass sie Fitness in Form von spielerischen Bewegungen ermöglichen. Der daraus resultierende Boost für den Stoffwechsel ist wissenschaftlich erwiesen. Eine US-Studie an der State University in San Francisco zeigte, dass es bei den so Trainierenden einen messbaren Unterschied zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Anstrengung gibt. Das deutet darauf hin, dass Apps Menschen veranlassen, härter zu trainieren, ohne dass diese das Gefühl haben, sich mehr anstrengen zu müssen.
Mithilfe eines Atemgas-Messgerätes ermittelt das Team der State University den Sauerstoffverbrauch von Personen, die VR-Games spielen, und berechnet so, wie viele Kalorien sie verbrennen. "Viele halten diese Spiele für Gimmicks", sagt Jimmy Bagley, Professor für Kinesiologie und Mitbegründer des Virtual Reality Institute of Health and Exercise. "Nun ist klar, dass es sich wirklich um Sport handelt." Bei einer halbstündigen Trainingseinheit können rund 12 Kalorien pro Minute verbrannt werden.
Nicht alles super: VR-Fitness hat auch Nachteile
Mit der aktuellen Technologie ist es etwa nicht möglich, Gewichte zu heben. Für Kraftsportler ist VR deshalb höchstens eine Ergänzung zum Training im (Home-)Gym. Die VR-Brille ist nicht billig (rund 570 Euro für die brandneue Quest 3), sie kann sich beim Bewegen sperrig anfühlen, es ist zusätzlich schweißtreibend, wenn man damit intensiv trainiert, und die besten Apps erfordern ein Abo.
Thema Unfälle: Es gibt keine echten Beweise, dass Verletzungen ein grundsätzliches Problem beim VR-Training sind, wohl aber einige Studien, die von Überlastungsverletzungen berichten. Noch höher scheint das Risiko, durch ausladendes Bewegen im virtuellen Raum die Wohnungseinrichtung zu demolieren. In Großbritannien ist die Zahl VR-bezogener Versicherungsansprüche von Hauseigentümern im Jahr 2021 um 31 Prozent gestiegen. Die Erfahrung zeigt: Bei einer VR-Boxübung schlägt man schonmal versehentlich einen harten rechten Haken in die Wand, nur Zentimeter von einer Glastür entfernt. Einen sicheren Raum zu schaffen, ehe man den inneren Tyson Fury entfesselt, ist also enorm wichtig.
Nicht nur für Kids: Der Trend funktioniert für (fast) alle
Wer meint, dass das Hauptpublikum für diese Apps junge Gamer sind, die schon immer versucht haben, ihre Freunde davon zu überzeugen, dass Gaming ein Sport ist, irrt. Vertreter von Supernatural wie auch von Konkurrent Holodia sagen, dass überraschend viele ältere Menschen sich anmelden. Zehntausende von Männern und Frauen suchen nach einer Alternative fürs Training zuhause. Vielleicht gefällt ihnen die Vorstellung nicht, in einem Fitness-Studio im Mittelpunkt zu stehen – sei es, weil sie übergewichtig sind, introvertiert oder eingeschüchtert von fortgeschrittenen Gym-Besuchern. Vielleicht wollen sie sich auch nicht mit den Kosten einer Fitness-Studio-Mitgliedschaft auseinandersetzen oder sich bei schlechtem Wetter viel lieber drinnen verkriechen.
Für andere ist diese Technologie eher ein unterhaltsames Warm-up für andere Aktivitäten. Ein effektives Werkzeug, um an geschäftigen Tagen, an denen der Trainingsplan hintenüber fällt, Sport zu treiben. Um zu veranschaulichen, was in diesem Bereich alles möglich ist, kommt hier noch ein Überblick über neueste Trends und Entwicklungen.
Zack, bum, Muckis!
3 Games – äh, Verzeihung: Workouts, die mit VR-Brille richtig Spaß machen
"Supernatur Al": Umfasst Boxen, Dehnen, Meditation und ein sogenanntes Flow-Training, bei dem man einem Instructor folgt, um fliegenden Objekten in einer 360-Grad-Umgebung auszuweichen und sie zu zerschlagen. All das untermalt von einer tollen Playlist. Um 20 Euro/Monat
"Reakt": Sorgt für eine Sportwissenschaft-trifft-Tron-Atmosphäre: Hier geht es um die Verkürzung der Reaktionszeit und eine verbesserte Hand-Augen-Koordination. Diese App ist eine auf Endverbraucher zugeschnittene Version einer Plattform, die Profi-Teams verwenden. Um 20 Euro
"Holofit": Ermöglicht Anwendern, in virtuellen Welten (entweder an Geräten oder mit dem eigenen Körpergewicht) und animierten 360-Grad-Umgebungen zu trainieren. Auch wer Kardio mag, aber keine Lust auf gängige Indoor-Cycling-Apps hat, liegt hier richtig. Um 10 Euro/Monat

Das Boxtraining von Supernatural ist derzeit Spitzenreiter im VR-Segment, wenn es ums Kalorienverfeuern geht
Mehr Muskeln dank digitaler Datenberge
Ein neues Fitness-Gerät will den Markt revolutionieren. Sein Hauptmerkmal: Es bündelt Messungen wie keines vor ihm. Stell dir vor, du hättest einen Personal Trainer, der neben dir 100.000 andere Kunden betreut und der von jedem einzelnen jede einzelne Bewegung aufzeichnet. Und du hättest Zugang zu diesen Daten, indem du ganz einfach einen Touchscreen bedienst. Genau das könntest du, wenn du Tonal besitzen würdest, denn die KI-Software dieses digitalen Fitness-Spiegels mit den integrierten Widerständen zeichnet über 4 Jahre hinweg bei jeder Bewegung die Geschwindigkeit und Richtung seiner Kabelzüge auf. Auf diese Weise lässt sich erkennen, wie explosiv sich Nutzer bewegen, wann sie erschöpft sind und wann die saubere Übungsausführung flöten geht.
Ende 2022 begann das Unternehmen, zusätzlich Videos zu sammeln, indem die Anwender ihre Workouts über die Smart-View-Funktion aufzeichnen. Das Ganze hat das Ziel, das Beste aus einem Training herauszuholen. Bislang ist das Gerät lediglich auf dem US-Markt zu haben. Trotzdem kannst auch du von der Datensammlung profitieren. Diese wird nämlich einer Vielzahl von Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt. Unter diesen ist auch Mediziner und Personal Trainer Brad Schoenfeld aus New York. Er bezieht diese Daten unter anderem in seine Forschungen zum Thema Kraftsteigerung ein.
Nehmen wir etwa die Übung Reverse Lunges, die – was weniger cool klingt – im Deutschen bekannt ist unter Ausfallschritte rückwärts. Diese bekommen (Wieder-)Einsteiger oftmals nur schwer hin. Das Ganze wird jede Woche rund eine Million Mal ausgeführt, und genauso oft werden die zugehörigen Daten in Tonal gespeichert. Mithilfe dieser Informationen leitet die Maschine ihre Nutzer zu sauberen, technisch einwandfreien Ausführungen an. Natürlich kann Tonal keine motivierenden Ansagen machen, dir als Klient nicht die Hand auflegen und keine ultrakleinen Fehler in der Ausführung entdecken, wie ein echter Coach es in der Regel macht. Aber das Gerät hilft dir dabei, die Grundlagen der Bewegung besser zu verstehen und sie bei der Übung umzusetzen.
Das Gerät in Zahlen:
- So viele Lunges werden pro Woche von Tonal erfasst: 1 067 672
- Dieses Gewicht wird beim Ausfallschritt im Schnitt bewegt: 13,9 Kilo
- Pro Woche bewegtes Gewicht insgesamt: 16 382,18 Tonnen
- Ein Ausfallschritt dauert im Schnitt: 2,89 Sekunden
Wie die KI das Ausführen von Ausfallschritten verbessert
Etwa 14 Prozent aller ausgeführten Reverse Lunges gehen nach hinten los, ermittelt Tonal. Die folgenden 3 Fehler schleichen sich besonders oft ein – so korrigierst du sie in echt:
Fehler 1: Du gehst nicht weit genug runter
In einer korrekten Endposition ist der vordere Oberschenkel in der Waagerechten, und das hintere Knie berührt fast den Boden. Kommst du nicht so weit runter, geht Effektivität flöten.
Korrektur: Drück die Pausentaste
Am Ende der Bewegung nimmst du dir kurz Zeit und überprüfst die Beinstellung. Nachbessern lohnt sich in jedem Fall, denn schon bald wirst du ganz intuitiv tiefer nach unten gehen.
Fehler 2: Du machst hektische Bewegungen
Wenn du einen Fuß nach hinten gesetzt hast, solltest du das Knie danach kontrolliert senken. Manche Tonal-Nutzer lassen das Knie auf den Boden knallen, verzichten auf Muskelspannung.
Korrektur: Nimm dir genügend Zeit
Führe die Abwärtsbewegung innerhalb von 2 bis 3 Sekunden aus, zähle dabei einfach laut mit. So profitierst du von dem exzentrischen Teil der Bewegung und bleibst stets unter Spannung.
Fehler 3: Du stresst das vordere Knie
In der Endposition sollte das vordere Bein einen 90-Grad-Winkel bilden, das Knie ist dann über dem Fußgelenk. Schiebst du es vor und über die Zehen hinaus, kann das schmerzhaft werden.
Korrektur: Streck die Brust raus
Denn genau das hilft, den Körperschwerpunkt nach unten zu verlagern. Brauchst du mehr Support, um in der Balance zu bleiben, drückst du die vordere Ferse ganz fest auf den Boden.

15 Minuten Augenmassage hilft gegen Kopfschmerzen, Angstzustände, Ein- und Durchschlafschwierigkeiten sowie andere Formen von Stress
Das E in E-Sports kann auch für Erholung stehen
Auch im Bereich der Regeneration gibt es eine Revolution. Mit diesen Innovationen kannst du nach dem Training zu Hause perfekt entspannen:
Massage-Pistole: Der entspannende Einstieg in die Recovery-Technologie ist ein Volltreffer im Kampf gegen eine verspannte oder verkaterte Muskulatur. Schon 15 Sekunden Dauerfeuer auf die betroffene Stelle wirken Wunder. Preisspanne: von 200 Euro für die Theragun Mini von Therabody bis hin zur etwa 380 Euro teuren Hyperice Hypervolt 2 Pro.
Vibra-Pad: Andauernd verspannte Schultern oder Waden und nie Zeit für eine Massage? Dann kleb dir einfach eine! Venom-Go von Hyperice für rund 180 Euro ist ein Massage-Pad, arbeitet mit Wärme und Vibrationen.
Elektro-Kicks: Wenn du dich bewegst, spannst du deine Muskeln an und entspannst sie wieder, immer im Wechsel. Auf diese Weise klingen Schwellungen ab. Kommst du nicht dazu oder brauchst mehr davon, macht Elektrostimulation diesen Job – beispielsweise der Theragun Powerdot 2.0 Muscle Stimulator von Therabody (ab 200 Euro). Wirkweise: Die verkabelten Pads stimulieren nicht nur die Muskeln, sondern auch die motorischen Nerven, und das lindert Schmerzen.
Rotlicht-Dusche: Läufer und Tennisspieler aufgemerkt! Ein Besuch im Rotlicht steigert die Durchblutung und beschleunigt so den Heilungsprozess in den durch zahlreiche Mikrorisse malträtierten Muskelfasern. Gerade Bereiche, die stets schlecht durchblutet sind – etwa Ellenbogen und Füße –, profitieren vom Effekt. Wir wissen natürlich nicht, ob du in Gedanken gerade über die Reeperbahn flanierst, aber wir reden von Geräten wie der Rotlichtlampe von Bestqool (um 200 Euro).
Compress-Boots: Systeme wie Normatec 3 von Hyperice für ungefähr 1000 Euro verwenden das Prinzip der dynamischen Luftkompression, um die Muskulatur wiederholt zusammenzuziehen und zu lockern. Die Kombination steigert die Durchblutung, lindert Schmerzen und regt die Produktion des Wachstumsfaktors IGF-1 an. Ideal nach einem intensiven Leg-Day.
Schlaf-Maske: Gut gegen Kopfschmerzen, Angstzustände, Ein- und Durchschlafschwierigkeiten sowie andere Formen von Stress: 15 Minuten Augenmassage mit Therabodys Smartgoggles (um 200 Euro).
Diese inneren Werte zählen wirklich
Modernes Tracking ermöglicht es dir, einen wahren Wust von biometrischen Daten zu analysieren. Doch auf welche Parameter kommt es tatsächlich an? Unser Überblick
Belastungen im Alltag: einmal täglich checken
- Bewegung: klassisch per Schrittzähler (8200 täglich gelten als Minimum). Auch praktisch: das Wearable Whoop.
- Training: Zeichne regelmäßig die Pulsfrequenz auf. So erkennst du, wie dein Körper reagiert, ob er sich anpasst.
- Schlaf: Nachts erholen sich deine Zellen, Schäden werden repariert. Das klappt aber nur, wenn du auch gut schläfst.
Deine Reaktionen aufs Training: ab und an messen
- Herzfrequenzvariabilität: Sie sagt dir, wann du erschöpft bist oder fit. Achte auf die Entwicklung über eine Woche hinweg, tägliche Änderungen sind weniger wichtig.
- Ruhepulsfrequenz: Ein niedriger Wert zeigt, dass du bereit bist für große Leistungen. Die Zahl schwankt noch weniger als die Herzfrequenz-Variabilität
Diese Werte: langfristig im Blick behalten
- VO2max: Zahlt sich das Training aus? Dies zeigt sich anhand der maximalen Sauerstoffaufnahme bei Atemgasmessung.
- Blutzucker: Der kontinuierliche Glucose-Check, etwa mit Supersapiens, warnt dich beim Sport vor einem Hungerast.
- Weitere Bluttests:"Inside-Tracker" bieten Infos an für Läufer, damit diese nicht übertrainieren.
Fit in die Zukunft: Was als Nächstes kommt
Oura-Ring und Apple Watch gibt es bereits, aber eine neue Welle von Geräten wird die Fitness-Messungen in Zukunft verändern:
Bio-Sensor: Das Gerät der Firma Nix analysiert Schweiß, um den Wasserbedarf festzustellen. Für eine Überwachung rund um die Uhr solltest du dir demnächst den Health-Tracker Masimo W1 ansehen.
HFV-Coaching: Wenn es darum geht, die Herzfrequenz-Variabilität zu verbessern, kommt Lief ins Spiel – ein Gerät, das du am Oberkörper anbringst und das dir dann dabei hilft, dein Stresslevel zu managen.
Hearables: Problem bei Smartwatches: Handbewegungen können deine Daten beeinflussen. Dieses Problem entfällt bei Hearables, einer neuen Generation von Trackern, die im Gehörgang sitzen.
Egal, ob VR-Brille oder künstliche Intelligenz, digitale Trends machen auch vor der Fitness-Welt nicht Halt. Auch für die Analyse verschiedener biometrischer Daten, für die Verfolgung des Fortschritts im Training oder die perfekte Regeneration nach dem Training gibt es innovative Tools auf dem Markt. Ob das alles für dich etwas bringt und die zum Teil hohen Kosten wert ist, kannst du nur durch Ausprobieren herausfinden. Viel Spaß!