Mit stabilen Schultern wirst du nicht nur zum Fels in der Brandung, sondern vermeidest Trainingsverletzungen der sehr empfindlichen Strukturen in deinem Bewegungsapparat. Noch dazu ist eine definierte Schulterpartie einfach sexy in jedem Sommer-Outfit!
Wir zeigen dir raffinierte Übungen mit und ohne Hanteln und Co., die du in deine Trainingsroutine zu Hause oder im Gym einbauen kannst.
Darum sind Verletzungen der Schulter so häufig und langwierig
Viele Hobbysportler denken erst an ihre Schulter, wenn es zu spät ist und bereits eine Verletzung vorliegt: Zerrungen, Kapsel- bzw. Sehnenrisse oder -entzündungen, ein Schlüsselbeinbruch, eine Luxation, also eine Ausrenkung, und vor allem das Impingement-Syndrom, bei dem Muskeln, Sehnen oder Nerven eingeklemmt werden, sind sehr häufige Schulterverletzungen. "Manchmal beginnen die Schmerzen auch gar nicht im Schulterbereich, sondern im Arm", sagt Physiotherapeut und Fitnesstrainer Carsten Lemke von der Physiotherapie-Praxis med to move in Hamburg. "Und es dauert leider lange, bis diese Verletzungen komplett ausgeheilt sind, weil wir die Schulter im Alltag eben auch häufig gebrauchen, aber leider sehr einseitig und es so zu muskulären Dysbalancen kommt." Die Anfälligkeit und Abnutzung im Vergleich zu anderen Gelenken ist zudem hoch, denn: "Beim Schultergelenk handelt es sich um das komplizierteste und beweglichste Kugelgelenk im menschlichen Körper", weiß der Experte.
Einen Stabilisator für das Schultergelenk stellt die Rotatorenmanschette dar. Sie sorgt unter anderem dafür, dass der Gelenkkopf des Oberarmknochens zentral in der Gelenkpfanne des Schulterblatts bleibt. "Die Rotatoren sind jedoch bei den meisten Menschen abgeschwächt, da sie zu viel sitzen und einseitig nach vorne arbeiten, am Laptop beispielsweise. Zur Stabilisierung ist es wichtig, dass alle Muskeln, die auf das Schultergelenk einwirken, gleich stark sind. Häufig ist die vordere Schultermuskulatur stärker als die hintere. Die Folge ist eine Dezentrierung des Oberarmkopfes, was zu einem Engpass zwischen Oberarmkopf und Schulterdach führt, dem sogenannten subacromialen Raum. Dies führt dann häufig zum erwähnten Impingment Syndrom", erklärt der Physiotherapeut.
Schauen wir uns die Schulter daher einmal genauer an und vor allem: wie wir sie ohne viel Zeitaufwand kräftigen und mobilisieren können, um Verschleiß im Alltag oder Verletzungen beim Sport vorzubeugen.
Die Muskeln der Schulter und Rotatorenmanschette
Rotatorenmanschette? Den Begriff hast du vielleicht noch nie gehört, aber die vier dazuzählenden Muskeln brauchst du täglich: beim Zopf binden, BH schließen, beim Kaffeebecher aus dem Oberschrank nehmen oder Stöckchen werfen, um nur einige alltägliche Hand- beziehungsweise Schultergriffe zu nennen.
Welche Strukturen sind also gemeint, wenn wir vom Schultergürtel sprechen? Das Schultergelenk verbindet den Rumpf mit dem Oberarmknochen und ermöglicht 6 Freiheitsgrade: Die Außen- und Innenrotation der Arme, das Ab- und Anspreizen der Arme und du kannst den Arm nach vorn oder hinten strecken. Das Schultergelenk bietet deutlich mehr Flexibilität als das Hüftgelenk, das auch mit mehr schützenden wie gleichzeitig fixierenden Bändern ausgestattet ist.

Das Schultergelenk ist das beweglichste und komplizierteste Gelenk im menschlichen Körper.
Beim Schultertraining kommt vor allem dem Deltamuskel, der aus 3 Teilen besteht, eine große Bedeutung zu. Der kommt bei trainierten Sportlerinnen auch sichtbar sexy zur Geltung:
- der vordere Deltamuskel (M. deltoideus pars clavicularis), der am Schlüsselbein entspringt
- der mittlere Deltamuskel (M. deltoideus pars acromialis), der am Schulterblatt seinen Ursprung findet
- der hintere Deltamuskel (M. deltoideus pars spinalis), ebenfalls am Schulterblatt
Daneben spielt die Rotatorenmanschette eine zentrale Rolle bei allen denkbaren Armbewegungen aus dem Schultergelenk. Diese 4 kleinen und unter den Knochen- und Gelenkstrukturen versteckte Muskeln zählen dazu:
- Unterschulterblattmuskel (Musculus subscapularis)
- Obergrätenmuskel (M. supraspinatus)
- Untergrätenmuskel (M. infraspinatus)
- Kleiner Rundmuskel (M. teres minor)
Zudem werden weitere Rumpfmuskeln sekundär aktiviert bei Ansteuerungen des Schultergelenkes oder Schulterblatt. Daher ist Schultertraining oft Rumpftraining:
- der große Brustmuskel (Musculus pectoralis major)
- der breite Rückenmuskel (M. latissimus dorsi)
- der Kapuzenmuskel oder auch Trapezmuskel (M. trapezius)
- der Rautenmuskel (M. rhomboidei)
- der kleine Brustmuskel (M. pectoralis minor)
- der vordere Sägemuskel (M. serratus anterior), dem eine zentrale Rolle beim Stabilisationstraining zukommen sollte
Die besten Schulter-Übungen ohne Geräte
Du hast jetzt eine Ahnung, wie komplex und empfindlich die Schulter ist. Es reicht also nicht, nur Schulterdrücken zu machen, auch die unsichtbaren Muskeln der Rotatorenmanschette müssen gestärkt werden. Mit umfassenden Mobility- und Kräftigungstraining kannst du Verschleiß und Verletzungen entgegenwirken. Beachte vor jedem Workout, dass du auch deine Schulterpartie gut aufwärmst (zum Beispiel mit Schulterkreisen und Shrugs) und steigere die Intensität nur langsam. Vergiss jedoch nicht, die Belastung regelmäßig anzupassen, um weitere Trainingsreize zu setzen. Wir zeigen dir im Folgenden eine Vielzahl an Übungen. Wenn dir diese schwerfallen, weil du noch nicht genug Kraft hast, dann mach die Übungen, wo es geht, sitzend. So vermeidest du Schwungbewegungen und ein Hohlkreuz.
Viel wichtiger als die zahlreichen beteiligten Muskeln sind die folgenden Übungen, die du dir wirklich merken solltest. Such dir einfach deine Top 3 aus und binde sie 2-mal pro Woche in dein Training ein. Im Folgenden erklären dir die Vorzüge und für wen sie geeignet sind.
1. YWTI-Armheben
Ideal auch als Warm-up vor jedem Training ist Armheben in Bauchlage in alle möglichen Himmelsrichtungen. Hierbei mobilisierst du deine gesamte Schulterpartie und sorgst für mehr Durchblutung und Beweglichkeit. Übrigens trainierst du auch deine Koordination mit, damit hier kein Buchstabensalat entsteht. Die Übung eignet sich auch perfekt für Einsteigerinnen oder die bewegte Mittagspause, um Verspannungen zu lösen. Achte aber darauf, deinen Kopf gerade, nämlich in Verlängerung deiner Wirbelsäule, zu halten, anstatt nach oben zu schauen. Forme jeweils ein Y, dann ein W, ein T und ein I und wiederhole dieses einige Male, bis deine Schulter schwer werden. Arbeite kontrolliert.
2. Außenrotatoren mit Widerstandsband kräftigen
Eine Bewegung, die wir im Alltag selten machen, ist die Außenrotation der Arme aus dem Schultergelenk. Womöglich knackt es dabei sogar zwischen deinen Schulterblättern? Dann ist die Übung auch für dich ideal, um Verspannungen zu lösen und deine Rotatorenmanschette geschmeidig zu halten. Integriere diese Übung am besten in jedes Warm-up. Fortgeschrittene können auch leichte Kurzhanteln benutzen. Übertreibe es nicht, da diese Muskeln meistens eher abgeschwächt sind.
3. Aufgedrehte T-Liegestütze
Diese Push-up-Variante stellt nicht nur eine willkommene Abwechslung zum gewöhnlichen Liegestütz in deinem Workout dar, sondern trainiert durch die Außenrotation des Arms auch die Schultermuskulatur mit. Oben angekommen hast du praktischerweise eine kurze Verschnaufpause, bevor Brust und Trizeps wieder gefordert sind. Damit hast du eine Bodyweight-Übung für den gesamten Oberkörper. Wenn dir Push-ups noch zu heftig sind, dann mache sie einfach auf Knien und im zweiten Schritt dann vielleicht auf einer Erhöhung, etwa einer Bank.
4. Shoulder Taps
Nichts leichter als die Plank? Dann solltest du dich mit Shoulder Taps herausfordern und deine vordere Schulterpartie zum Brennen bringen! Aber nicht schummeln: Die Hüfte bewegt sich nicht! Schaffst du mindestens 20 Wiederholungen im Wechsel? Du kannst jederzeit üben, morgens, mittags, abends.
5. Umgekehrtes Schulterdrücken / Pike-Push-ups
Diese Übung, auch bekannt unter dem Namen Pike-Push-up, arbeitet gegen die Schwerkraft und ist wirklich anstrengend! Fortgeschrittene sollten sie unbedingt mal ausprobieren. Trainiert werden der gesamte Deltamuskel sowie der Trizeps. Ein Tipp: Je weiter Füße und Hände auseinanderstehen, umso leichter wird die Übung und je steiler der Winkel, umso höher fällt der Kraftakt aus.
Die besten Schulterübungen mit Geräten
Du bist ohnehin regelmäßig im Fitness-Studio? Perfekt, dann sorge dafür, je eine Zug- oder Drückübung nach vorn, zur Seite und nach oben einzubauen.
1. Schulterdrücken
Diesen Schulter-Klassiker kennen alle. Kein Wunder, hier kommen wirklich alle Anteile des Deltamuskels plus die Rotatorenmanschette zum Einsatz. Außerdem kannst du im Stehen oder Sitzen mit Kurz- oder Langhantel drücken und dadurch ist die Übung auch für Einsteigerinnen geeignet. Profis können die Übung stehend und in Kombi mit einer Kniebeuge machen und so noch mehr Gewicht bewegen.
2. Frontheben mit Kurzhanteln
Um die Beweglichkeit zu erhalten, solltest du in alle Richtungen trainieren. Beim Frontheben kannst du, falls mal keine Hanteln in der Nähe sind, auch ein Widerstandsband oder Wasserflaschen nutzen. Hebe die Arme nur bis auf Brusthöhe.
3. Seitheben mit Kurzhanteln
Wer häufig unter einem steifen Nacken leidet, kann beim Seitheben einfach zur anderen Seite schauen, den Kopf also langsam zum baumelnden Arm drehen. So erreichst du nicht nur eine Stärkung des Deltamuskels, sondern dehnst auch deine Nackenmuskulatur - win-win!
4. Vorgebeugtes Seitheben mit Kurzhanteln / Butterfly Reverse
Eine optimale Kräftigung deiner oberen Rückenmuskulatur erreichst du mit vorgebeugtem Seitheben. Das kommt bei fast allen Frauen viel zu kurz. Also ran an die Gewichte. Schau im Spiegel, dass dein Rücken gerade bleibt.
3. Schulterblatt-Klimmzüge
Die Mini-Klimmzüge trainieren die tief liegenden Muskeln unter dem großen Rückenmuskel, unter anderem den Sägemuskel. Bei richtigen Klimmzügen hingegen arbeiten viele Hilfsmuskeln mit, während du hier den Fokus auf die unsichtbaren Schultermuskeln setzt.
4. Kurzhantel-Rudern auf der Bank abgestützt
Ruder-Variationen sind das Beste, was du für deinen oberen Rücken tun kannst. Hier kommen dein Latissimus, dein Trapezmuskel sowie der hintere Deltamuskel ebenso zum Zug wie die kleinen Rotatorenmuskeln. Hübscher Nebeneffekt: ein straffer Bizeps.
5. Latziehen
Die zweitbeste Rückenübung sind natürlich Klimmzüge! Die sind zugegeben aber ziemlich schwer zu schaffen, gerade für Frauen, die weniger Muskelmasse im Rumpf aufweisen. Am Latzug kannst du das Gewicht selbst bestimmen und für Klimmzüge üben.
6. Reverse Flys am Kabelzug
Alle relevanten Muskeln für die Schulter haben beim Reverse Fly ihren großen Auftritt, dennoch sieht man diese effektive Übung auf der Trainingsfläche viel zu selten. Bist du bereit, das zu ändern? Wenn der Kabelzug gerade belegt ist, schnapp dir einfach Kurzhanteln.
Fixes Schultertraining für Eilige
Dir fehlt einfach die Zeit für extra Schulterübungen? Kein Problem. Mit funktionellen Übungen, für die allerhand Kleinequipment zum Einsatz kommt, trainierst du ganze Muskelketten gleichzeitig. Mit Ropes aus der Squat-Position kraftvoll auf den Boden schlagen fordert nicht nur die Schulter- und Armmuskeln heraus, sondern auch deinen Core, dein Gesäß und die Beine. Im Stütz mit den Füßen im Sling Trainer sind Brust, Core, Schultern und Trizeps am Zug. Beim Kettlebell Swing trainierst du deine komplette Rückseite. Das fördert auch deren Zusammenspiel, die Kraftausdauer, Koordination und Beweglichkeit:
Die Schulter ist ein komplexes Gebilde und braucht Zuwendung in Form von Kräftigungs- und Mobility-Training. Das bedenken die meisten aber erst, wenn schon Verletzungen oder Verschleißerscheinungen vorliegen. Unser bunter Übungs-Mix beweist, dass Schultertraining Spaß und Abwechslung in jedes Workout bringen kann und viele Muskeln in Rücken, Brust und Armen gleich mittrainiert werden. Als such dir deine 3 Lieblingsübungen aus und hoch die Arme!