Leistungssport und Muttersein: Keine leichte Aufgabe das beides zu vereinen! Doch Läuferin Gesa Krause stellte sich dieser Herausforderung. Knapp ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris ist sie zum ersten Mal Mutter geworden. 10 Monate nach der Geburt ist die Hindernissläuferin nun zurück in Wettkampfform. Bei den deutschen Hallenmeisterschaften schafft sie sowohl über die 3.000 als auch die 1.500 Meter den Sieg - was für ein Comeback für die 31-Jährige!
Doch der Weg zurück war harte Arbeit und auch jetzt bedarf es viel Planung, Familie und Sport unter einen Hut zu bekommen, erzählt uns Gesa im Interview. Das nächste Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele im Sommer. Im exklusiven Women's Health Interview spricht sie über die Schwangerschaft, das Comeback nach der Babypause und das große Ziel Olympia!

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Gesa Krause im Interview: "Niemand muss 10 Tage nach der Entbindung wieder auf dem Platz stehen"
Hast du dich als schwangere Frau in der Sportwelt gut supportet gefühlt? Ist das Leistungs-Sport-System „familienfreundlich“?
Schwierig. Es ist einfach ein Thema, wo es verhältnismäßig wenig Ansprechpartner und auch Unterstützung gibt. Ich habe Rückhalt von Sponsoren bekommen und natürlich kriegt man viel Zuspruch. Aber es gibt wenig Anlaufstellen, wenn man selbst Fragen hat. Es gibt kein Rezept, das man einfach kopieren kann. Es ist sehr viel Herausfinden, es ist sehr viel Vertrauen in den eigenen Körper, weil einem beim Thema Schwangerschaft immer zur Vorsicht geraten wird. Da möchte sich dann niemand zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich würde nicht sagen, dass ich grundsätzlich gar nicht unterstützt würde, aber es gibt einfach sehr wenige Anlaufpunkte für schwangere Frauen in der Sportwelt.
Inwiefern hat sich dein Körper nach der Schwangerschaft verändert?
Das ist wohl die größte Veränderung, die man als Frau mitmacht, aber als Sportlerin ist es einfach eine ganz andere Transformation. Wir sind immer darauf getrimmt, sehr schlank, muskulös und austrainiert zu sein, in meiner Disziplin vor allem. Und jetzt ging es einmal komplett in die andere Richtung. Ich wusste, dass ich einen Babybauch bekomme, mehr Fett einlagere, damit das Baby auch optimal versorgt ist. Ich fand es sehr spannend, das mitzuerleben.
Ich muss aber auch sagen, dass dieser Zustand, schwanger zu sein, nicht mein liebster war. Nicht weil ich ein Problem damit hatte, einen dicken Bauch zu haben, aber es ist einfach mein Job, möglichst fit zu sein und im Wettkampf zu stehen und das war dann ein Jahr lang einfach "on hold". Ich habe trotz allem jeden Tag trainiert, weil ich meine Ziele definiert habe, die über die Schwangerschaft hinaus reichten. Das leichte Training in der Schwangerschaft war allerdings nicht so zielorientiert, und da hat mir schon etwas gefehlt. Aber ich würde das dafür, dass ich jetzt meine Tochter in meinem Leben habe, immer wieder genauso machen!
Bemerkst du Unterschiede zu vorher? Bist du genauso leistungsfähig wie vorher oder musst du jetzt noch härter arbeiten?
Es dauert wirklich eine Weile, bis der Körper sich wieder zurückbildet. Ich bin noch nicht so fit wie zu meinen besten Zeiten. Das liegt einerseits daran, dass noch keine Sommersaison ist und meinem Körper gerade nicht so viel abverlangt wird. Aber es braucht andererseits auch einfach Zeit, weil sich der Körper durchaus verändert. Leistungsfähig bin ich auf jeden Fall, obwohl noch ein paar Babykilos da sind. Man darf sich nicht zu arg unter Druck setzen, leichter gesagt als getan. Ich habe mich während der Schwangerschaft sehr fit gehalten. Dadurch war ich recht schnell wieder relativ schlank. Aber der Körper ist trotz allem verändert.
Dein Körper ist ja dein Kapital, hattest du Angst, dass du nach der Schwangerschaft nicht mehr zu alter Leistung zurückfindest?
Bevor ich schwanger war, hatte ich diese Angst nicht. In dem Moment, wo ich wusste, ich bin jetzt schwanger, da kamen solche Ängste schon auf. Schaffe ich das jemals wieder? Wie ist mein Körper nach der Schwangerschaft und Entbindung? Kann ich überhaupt bis zum Ende der Schwangerschaft trainieren und mich fit halten? Wie lange dauert es danach? Da ist so viel Ungewissheit und es ist schon schwierig, damit umzugehen. Das geht aber sicher nicht nur mir als Sportlerin so, das geht ganz vielen Frauen so. In meinem Fall ist allerdings das Fitness-Level sehr wichtig dafür, dass ich meinen Job richtig ausführen kann. Deswegen war das ein Thema, mit dem ich mich sehr intensiv beschäftigt habe.
Inwiefern hat sich der Sponsoren-Wechsel auf deine Situation ausgewirkt?
In erster Linie war es so, dass mein alter Vertrag ausgelaufen ist und die Vorstellungen da auseinandergegangen sind. On hatte großes Interesse an meiner Geschichte und an mir. Da war ich sehr dankbar, dass ich, als schon ältere Athletin, attraktiv bin für so eine junge, innovative Firma. Und dass sie mich auf meinem Weg unterstützen wollen und Vertrauen in mich als Athletin haben, hat mich sehr gefreut.
On passt zu mir als Mensch. Da habe ich das Gefühl, ich kann das sehr gut repräsentieren. Sie wollen im Laufsport neues Terrain betreten und besser werden, und das will ich auch. Es ist eine Firma, die sehr viel Wert auf das Drumherum legt, der Fokus ist nicht nur auf meiner Performance, sondern auch auf mir als Mensch, auf dem, was ich mitbringe. Und das ist jetzt meine Familie, die zu mir und meinem Weg gehört. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass meine Familie mich begleiten kann, wenn Events anstehen, das bedeutet mir sehr viel. Es geht nicht nur um Leistung, sondern auch um den Menschen dahinter.

Ihr nächstes Ziel ist die Olympia-Qualifikation im 3000-Meter-Hindernislaufs.
Wie sah dein sportlicher Weg zurück aus?
Ich hatte zum Glück eine relativ leichte und komplikationslose Entbindung. Die Tage danach waren dennoch strapaziös, aber ich habe mich schnell wieder gut gefühlt und konnte vom ersten Tag an schon spazieren gehen. Mir tut Bewegung einfach gut und das hat mir, glaube ich, beim Heilen sehr geholfen. Nach einer Woche hatte ich zum ersten Mal den Drang, mich zu dehnen und zu mobilisieren. Dann habe ich angefangen, gezielt Übungen für den Beckenboden zu machen. Nach zehn Tagen bin ich dann auf meinem Crosstrainer gestiegen und habe erste leichte Ausdauertrainings gemacht. Das war relativ früh, und der Körper braucht natürlich deutlich länger, bis sich alles zurückgebildet hat, aber manchmal regeneriere ich auch nach einem Wettkampf besser, wenn ich eine leichte Runde laufen gehe. So war das auch nach der Geburt, dass das leichte Training mir guttat.
Das muss natürlich jede Frau für sich entscheiden und sollte durchaus mit Ärzten oder der Hebamme besprochen werden. In meinem Fall hatte ich grünes Licht. Die ersten intensiveren Einheiten habe ich nach zwei Monaten gemacht. Und ab Herbst habe ich mit meinem üblichen Training wieder angefangen. Da hatte ich so ein gutes Gefühl, dass ich auch wieder mit meiner Trainingsgruppe mittrainieren konnte. Jetzt waren ja die Hallenmeisterschaften und der nächste Schritt ist, dass das Training für die Sommersaison startet.
Gibt es Experten:innen im Leistungssport, die wissen, was in so einem Fall zu tun ist? Oder musstest du dir die Leute zusammensuchen?
Die musste ich mir schon suchen. Ich hatte eine Gynäkologin, die nicht aus dem Leistungssport kommt. Und ich habe mir auch immer eine Zweitmeinung eingeholt. Meine Hebamme ist selbst Läuferin, mit ihr habe ich dann besprochen, was ich ihrer Meinung nach machen kann und was nicht. Aber am Ende habe ich sehr viel nach meinem eigenen Gefühl gemacht. Ich hatte schon immer ein sehr gutes Körpergefühl und habe eigentlich immer sehr gut darauf hören können, was geht und was nicht. Da bin ich sehr ehrlich zu mir selbst und deswegen hat das eigentlich auch gut funktioniert.
Würdest du rückblickend alles wieder genauso machen?
Ich war relativ schnell wieder relativ fit. Ich habe jetzt die ersten Wettkämpfe gemacht und konnte die ersten Erfolge feiern. Also ja, ich würde alles wieder genauso machen und bereue nichts! Ich habe keinerlei Beschwerden oder Probleme, die aus der Schwangerschaft oder der Zeit danach resultieren. Ich habe schon eher viel trainiert in der Schwangerschaft, aber ich glaube, dass ich es nicht übertrieben habe.
Sollte ich irgendwann ein zweites Kind bekommen und habe dann nicht mehr das Ziel, mich noch mal für Olympia zu qualifizieren, dann würde ich vielleicht weniger machen. Aber in diesem Fall hat es sich sehr gut angefühlt.
Es ist auf jeden Fall sehr beeindruckend, wie schnell du zurückgekommen bist. Hast du das Gefühl, dass das anderen Frauen unter Druck setzen könnte?
Man muss jede Frau individuell betrachten. Keine andere ist Gesa Krause und ich bin niemand anderes. Einige Frauen, die einen ähnlichen Weg gegangen sind wie ich, haben die Dinge anders gemacht. Die Gewinnerin der 3000 Meter bei den Leichtathletik-Hallen-Weltmeisterschaften hat ein Jahr vorher ihren Sohn auf die Welt gebracht. Wenn ich mich dann betrachte ... Also vom Weltmeistertitel bin ich noch weit entfernt. Und das sollte mich jetzt auch nicht unter Druck setzen, das ist sie und ihr Weg. Wie ich die Situation gelöst habe, ist mein Weg.
Ich freue mich natürlich, wenn ich anderen Mut mache und zeige, dass nichts gefährlich daran ist, aktiv durch die Schwangerschaft zu gehen. Aber ich hoffe auf keinen Fall, dass ich andere Frauen damit unter Druck setze, dass man zehn Tage nach der Entbindung wieder auf dem Platz stehen muss. Das muss man nicht! Gerade bei dem Thema Geburt hat einfach jede Frau ein anderes Schmerzempfinden. Viele haben Geburtsverletzungen. Manchmal braucht das einfach mehr Zeit. Und deswegen hoffe ich inständig, dass sich niemand dadurch unter Druck gesetzt fühlt.
Was ist jetzt mit Baby die größte Herausforderung im Alltag zwischen Sport und Mama-sein?
Ich glaube die Logistik. Mein Lebensgefährte arbeitet Vollzeit, und ich habe ja nicht den klassischen Achtstundentag, aber am Ende des Tages ist es auch ein Vollzeitjob. Da müssen wir uns immer gut absprechen. Wir sind ja des Öfteren im Ausland im Trainingslager und da braucht es auch immer eine Person, die die Kleine betreut, wenn ich trainiere. Und auch zu organisieren, dass mein Lebensgefährte nicht zu lange von unserer Tochter getrennt sein muss, ist für mich und uns eine große Herausforderung. Es bedarf einfach vieler Absprachen, aber das bekommen wir bisher gut hin.
Dein Ziel ist es, dich für Olympia in Paris zu qualifizieren, bist du zuversichtlich, dass es direkt klappt?
Die Quali ist das nächste Ziel, ja. Im April starten die Freiluft-Wettkämpfe, und realistisch gesehen, wäre es schön, wenn im Mai die Olympia-Norm fällt. Ob es im ersten Versuch klappt oder ob ich doch zwei oder drei Läufe brauche, weiß ich noch nicht. Ich bin dann fast zwei Jahre kein Hindernis gelaufen, deswegen ist es keine Schande, wenn es nicht beim ersten Anlauf klappt, auch wenn es wünschenswert wäre. Bis dahin steht noch ein bisschen Training an, das wird kein Selbstläufer. Von daher habe ich die nächsten Wochen gut zu tun.
Wir wünschen ganz viel Erfolg und sagen: Großen Respekt für dieses Comeback! Eine wichtige Message, die Gesa allen Frauen mit auf den Weg gibt: Jede Frau geht ihren eigenen Weg und niemand sollte sich unter Druck gesetzt fühlen, nach einer Schwangerschaft genauso schnell wieder funktionieren zu müssen, oder einem Ideal zu entsprechen!