Feste Essenszeiten: So wichtig sind sie beim Abnehmen

Zirkadianer Rhythmus
Warum feste Essenszeiten für das Abnehmen so wichtig sind

Veröffentlicht am 18.02.2025
Zirkadianer Rhythmus
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Es gab eine Zeit, in der Empfehlungen zur Anpassung des Lebensstils an eine innere biologische Uhr als wenig mehr als esoterischer Hokuspokus galten. Doch inzwischen widmet sich die Wissenschaft mit wachsendem Interesse der sogenannten Chronobiologie. Die Erforschung des zirkadianen Rhythmus – also der natürlichen biologischen Schwankungen, die innerhalb eines 24-Stunden-Zyklus stattfinden – hat in den letzten Jahren rasant an Bedeutung gewonnen. Die Fülle an Studien zu den Auswirkungen dieser inneren Uhr auf alles von Fruchtbarkeit bis zur psychischen Gesundheit könnte mittlerweile ganze Bibliotheken füllen.

Das neueste Thema, bei dem anscheinend der Zeitpunkt wichtig ist, ist die Fettverbrennung. Zuletzt haben zwei Studien unter der Leitung von Forschern des Weill Cornell Medicine College in New York gezeigt, dass die Störung der natürlichen Körperuhr das Wachstum von Fettzellen auslöst, was wiederum – Trommelwirbel – zu einer Gewichtszunahme führt. Solche Studien verleihen einer Ernährungsweise, die als zirkadiane Ernährung bezeichnet wird, mehr Glaubwürdigkeit. Diese Ernährungsweise verspricht, den Stoffwechsel des Körpers entsprechend seiner natürlichen biologischen Uhr zu optimieren. Wie das geht? Einfach gesagt, indem die Nahrungsaufnahme auf ein Zeitfenster von 8 bis 12 Stunden beschränkt wird – im Grunde also ein intermittierendes Fasten. Wenn man nach evidenzbasierten Strategien für eine nachhaltige und gesunde Gewichtsabnahme sucht, stellt sich jetzt die Frage: Ist bei einer Diät das Wann wichtiger als das Was?

Wie deine Essenszeiten über die Gewichtszunahme entscheiden

Zurück zur Wissenschaft: Die neuen Studien liefern deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einem gestörten zirkadianen Rhythmus und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Gewichtszunahme. "Dieser Zusammenhang ist eine neue Entdeckung", betont Mary Teruel, Dozentin für Biochemie an der Weill Cornell Medicine und eine der Hauptautoren der erwähnten Studien.

In einer der Untersuchungen wurde Mäusen zusätzliches Glukokortikoid verabreicht – ein Stresshormon, das in Phasen eines gestörten Biorhythmus verstärkt ausgeschüttet wird. Das Resultat: Innerhalb von nur 3 Wochen verdoppelte sich die Fettmasse der Tiere.

Eine zweite Studie verdeutlichte, dass die Entstehung von Fettzellen innerhalb eines bestimmten Vier-Stunden-Fensters in der Nacht erfolgt. Dies könnte erklären, warum spätes Essen oder nächtliche Snacks eine Gewichtszunahme begünstigen. "Unsere Forschung zeigt, dass Stress allein, wie unregelmäßige Schlaf- und Essenszeiten, die den zirkadianen Glukokortikoid-Rhythmus abflachen, unabhängig von der Ernährung zu erheblicher Fettleibigkeit führt", erklärt Teruel und fügt hinzu, dass ihr Team das gleiche Ergebnis bei uns erwartet, auch wenn die Studie noch nicht am Menschen wiederholt wurde.

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Wie der zirkadiane Rhythmus zum Abnehmen genutzt werden kann

Die Hoffnung besteht darin, dass diese Erkenntnisse dazu beitragen, neue Therapieansätze zu entwickeln, die eine gezielte Regulation des zirkadianen Rhythmus ermöglichen – möglicherweise sogar durch Medikamente als Alternative zu invasiven Eingriffen wie Magenoperationen. Bereits jetzt zeigt sich jedoch, dass ein geregelter Tagesrhythmus ein entscheidender Faktor für erfolgreiches Gewichtsmanagement sein kann.

Und doch sind sie nur die Spitze des Eisbergs, was die Forschung über die Körperuhr und das Gewicht angeht, erklärt Russell Foster, Direktor des Sir Jules Thorn Sleep and Circadian Neuroscience lnstitute an der University of Oxford. Er verweist auf eine Studie der University of Chicago – als die zirkadianen Rhythmen noch kein Trendthema waren wie heute –, um anschaulich zu machen, wie viel wir heute wissen. Die Forscher fanden heraus, dass ein Mangel an Schlaf, und sei es nur für ein paar Nächte, den Appetit auf kalorienreiche, kohlenhydratreiche Lebensmittel drastisch steigern kann. 2 Nächte lang durften die Probanden nur 4 Stunden pro Nacht schlafen. In diesen 2 Tagen stieg die Produktion des Hungerhormons Ghrelin um 28 Prozent, während Leptin, das Hormon, das dem Gehirn signalisiert, dass kein Bedarf an Nahrung mehr besteht, um 18 Prozent abnahm. "Die hormonellen Triebkräfte des Hungers waren allein durch die Schlafeinschränkung enorm angestiegen", so Foster. Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass man nach einer durchzechten Nacht schneller zu Snacks greift, ist nicht alles, was man bislang weiß. Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass eine einzelne gestörte Nacht die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigen kann, Glucose effizient aus dem Blutkreislauf zu entfernen – ein wichtiger Faktor für den Stoffwechsel.

Wie Tag und Nacht den Stoffwechsel beeinflussen

"Der Körper hat im Großen und Ganzen zwei Stoffwechselzustände, die dem Schlaf-wach-Zyklus folgen", erklärt Foster. "Tagsüber nehmen wir Kalorien auf und verbrennen sie zur Energiegewinnung – ein Prozess, der als aktiver Stoffwechselzustand bekannt ist. Aber in der Nacht, wenn wir schlafen, mobilisieren wir gespeicherte Kalorien." Die Körperuhr ist so konzipiert, dass man diese unterschiedlichen Stoffwechselzustände und damit auch die Art und Weise, wie man im Laufe des Tages Energie verarbeitet, vorhersehen kann.

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Eine Studie aus dem Jahr 2014, veröffentlicht in Molecular Metabolism, ergab, dass eine gestörte innere Uhr den Glucosestoffwechsel der Leberzellen negativ beeinflussen kann. Inzwischen überschneidet sich die Forschung mit einem weiteren aktuellen Trend: der Darmgesundheit. "Die Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt, aber wir wissen, dass der zirkadiane Rhythmus und das Darmmikrobiom miteinander verwoben sind", bestätigt Lebensmittelforscherin Pam Mason. "Die Forschung zeigt, dass eine Störung des zirkadianen Rhythmus die Population des Darmmikrobioms verändern und so den Energiestoffwechsel stören kann."

Wie du den Zeitfaktor zum Abnehmen nutzen kannst

Was bedeutet all das für dein Gewichtsmanagement und deine Ziele beim Abnehmen? Falls du befürchtest, dass deine innere Uhr deine Fortschritte sabotiert, gibt es wissenschaftlich fundierte Strategien, die du anwenden kannst. Und das Beste daran? Viele dieser Empfehlungen kennst du vermutlich schon. "Das Spannende an den neuen Erkenntnissen über den zirkadianen Rhythmus und den Stoffwechsel ist, dass sie viele Ratschläge bestätigen, die wir seit vielen Jahren geben", erläutert Ernährungsberaterin Louise Bula, die mit der Gewichtsreduktionsplattform Juniper zusammenarbeitet.

Ein entscheidender Punkt ist die Verbesserung der nächtlichen Routine: 7 bis 9 Stunden Schlaf pro Nacht sowie feste Zeiten für das Einschlafen und Aufwachen sind Pflicht. Ja, das gilt leider auch für Sonntagmorgen. "Die Zeit, zu der man ins Bett gehen sollte, ist von Person zu Person unterschiedlich und hängt vom eigenen Chronotyp ab, der sich auf den natürlichen Schlaf-wach-Rhythmus bezieht", fügt Foster hinzu. Dieses System wird von der Körperuhr gesteuert, aber auch von Faktoren wie Genetik, Alter und Lichteinwirkung beeinflusst. Wenn du nicht sicher bist, wie deine optimale Zeiteinteilung aussieht, können kostenlose Online-Tests helfen, die den zirkadianen Rhythmus-Typ ermitteln.

Hast du dann deinen Chronotyp herausgefunden, solltest du dir die Zeit zum Schlafen nehmen, die deinem natürlichen Rhythmus entspricht. Und wenn sich die Aussicht auf 7 Stunden Schlaf so wahrscheinlich anfühlt wie ein Lottogewinn, schlägt Bula vor, alles zu tun, was du kannst, um diesem Ziel möglichst nah zu kommen. Ihr Tipp: Eine Routine einführen, die dem Körper signalisiert, dass er sich auf den Schlaf vorbereiten soll. Also Telefon auf Flugzeugmodus stellen, meditieren oder etwas Lavendel aufs Kopfkissen geben.

Wie sollst du deine Mahlzeiten gestalten?

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Einhaltung fester Essenszeiten. Wer morgens spät frühstückt, das Mittagessen auslässt und erst spätabends isst, riskiert eine Störung des Stoffwechsels. Die Empfehlung: Drei über den Tag verteilte Mahlzeiten und eine möglichst frühe, leichte Abendmahlzeit.

Das Ziel, erklärt Bula, sind 3 gleichmäßig über den Tag verteilte Mahlzeiten. Das ist der Kern des zirkadianen Ernährungsprinzips, das dazu anregt, innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zu essen. Sollte das nicht möglich sein, solltest du die Mahlzeiten gleichmäßig über den Tag verteilen und eine leichte Mahlzeit am Abend so früh wie möglich einnehmen.

Ziel ist es zu vermeiden, dass du isst, nachdem der Körper in den nächtlichen Stoffwechselmodus übergegangen ist. In dem Modus verbrennt er Fette nicht mehr so effizient und sorgt dafür, dass stattdessen die Fettspeicher wieder aufgefüllt werden. Außerdem ist es hilfreich, die größte Menge an stärkehaltigen Kohlenhydraten beim Frühstück oder Mittagessen zu sich zu nehmen und den Tag mit einer leicht verdaulichen Mahlzeit mit hohem Eiweißgehalt zu beenden.

So lernst du, beim Essen den perfekten Rhythmus zu finden

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Nicht alle können ihren Alltag perfekt an die innere Uhr anpassen, insbesondere Menschen, die im Schichtdienst arbeiten. Doch es gibt Möglichkeiten, um den durch eine gestörte innere Uhr verursachten Heißhunger auf Kohlenhydrate zu minimieren. Eine bewährte Strategie ist die gezielte Planung und Vorbereitung der Mahlzeiten, was auch hilft, den Heißhunger auf Kohlenhydrate, der durch eine gestörte innere Uhr ausgelöst werden kann, zu bekämpfen.

Zur Zusammensetzung der Mahlzeiten: Ideal ist, die Hälfte jedes Tellers mit nicht stärkehaltigem Gemüse wie Kürbis, Grünkohl oder Spargel, ein Viertel mit hochwertigem Eiweiß und das letzte Viertel mit stärkehaltigen Kohlenhydraten zu füllen. "Wer nicht gut geschlafen hat, entscheidet sich besser für stärkehaltige Kohlenhydrate mit einem hohen Anteil an komplexen Ballaststoffen wie Vollkornnudeln oder Bulgur", rät Bula. Das hilft, Heißhunger-Attacken zu unterdrücken, und sorgt dafür, dass man sich länger satt fühlt.

Und wenn dein Arbeitsrhythmus unregelmäßig ist? In diesem Fall sollten die Mahlzeiten gleichmäßig über die wachen Stunden verteilt werden. Professor Foster empfiehlt, sich – soweit möglich – an den natürlichen Rhythmus des Körpers zu halten. Dadurch fällt es leichter, das Gewicht langfristig zu kontrollieren. Dennoch bleibt eine ausgewogene Ernährung essenziell: Es geht nicht nur darum, wann du isst, sondern auch darum, welche Nährstoffe du deinem Körper zuführst. Überlege eher, was du zu deinem Ernährungsplan hinzufügen solltest, statt darüber nachzudenken, welche Dinge du weglässt. Setze dabei den Fokus auf viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, fetten Fisch, mageres Eiweiß und Milchprodukte oder Milchalternativen. Kurz gesagt, eine gesunde, nachhaltige Ernährung ist weit mehr als nur die Synchronisierung des Schlaf-wach-Zyklus. Aber es schadet auch nicht, die Erkenntnisse der inneren Uhr zu berücksichtigen.

Wie ein beispielhafter Tag aussehen könnte

Ob du Gewicht verlieren oder dein Wohlbefinden steigern möchtest, so taktest du deine Mahlzeiten am besten:

Frühstück

Nimm ein eiweißreiches Frühstück zu dir: zum Beispiel 1 oder 2 gekochte, pochierte oder gerührte Eier, Tofu auf einer Scheibe Vollkorntoast oder Haferflocken mit 120 g griechischem Jogurt und einer Portion Obst.

Lunch

Um die Mittagszeit befindest du dich meist immer noch in einem aktiven Stoffwechselzustand, was bedeutet, dass du Glucose effizient verarbeitest. Stelle dir einen kohlenhydratreichen Teller mit Reis, Nudeln, Kartoffeln oder anderen Getreidesorten zusammen und füge reichlich nicht stärkehaltiges Gemüse wie z. B. Blattgemüse, Paprika oder Auberginen hinzu, um die Energie langsam freizusetzen.

Abendessen

Ein leichtes, eiweißreiches Abendessen mit Huhn, Eiern, Fisch oder Tofu ist am Abend ideal. Perfekt dazu: stärkehaltiges Blattgemüse. Ganz wichtig: Achte unbedingt darauf, vor 19 Uhr zu essen, damit du keine Kalorien zu dir nimmst, wenn der Körper bereits in den Ruhezustand übergegangen ist.

Snacks

Versuche, Snacks am späten Abend durch Kräutertee oder Wasser zu ersetzen. Sollte der Heißhunger zu groß sein, greife zu Obst oder einer kalorienarmen heißen Schokolade.

Fazit: Das Wann spielt beim Abnehmen eine genauso große Rolle wie das Was

Die Forschung zeigt deutlich: Wann du isst, spielt eine große Rolle für dein Gewicht und deine Gesundheit – aber auch die Qualität der Nahrung ist entscheidend. Statt sich auf Einschränkungen zu konzentrieren, sollte der Fokus auf einer ausgewogenen Ernährung mit viel Gemüse, Vollkornprodukten, gesunden Fetten und Proteinen liegen. Wer zudem die Mahlzeiten an den natürlichen Rhythmus des Körpers anpasst, kann langfristig positive Effekte auf Gewicht und Wohlbefinden erzielen.

Erwähnte Quellen:

Tholen S, Patel R, Agas A, Kovary KM, Rabiee A, Nicholls HT, Bielczyk-Maczyńska E, Yang W, Kraemer FB, Teruel MN. Flattening of circadian glucocorticoid oscillations drives acute hyperinsulinemia and adipocyte hypertrophy. Cell Rep. 2022 Jun 28;39(13):111018. doi: 10.1016/j.celrep.2022.111018

Zhang ZB, Sinha J, Bahrami-Nejad Z, Teruel MN. The circadian clock mediates daily bursts of cell differentiation by periodically restricting cell-differentiation commitment. Proc Natl Acad Sci U S A. 2022 Aug 16;119(33):e2204470119. doi: 10.1073/pnas.2204470119