Ein gutes Erinnerungsvermögen ist in vielen Lebensbereichen hilfreich, sei es beim Muskelgedächtnis oder bei der kognitiven Leistungsfähigkeit. Doch wenn es ums Abnehmen geht, kann genau dein zelluläres Gedächtnis gegen dich arbeiten: Es kann dazu beitragen, dass das Halten des Gewichts schwerfällt und die verlorenen Kilos leichter zurückkehren.
Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Fettzellen mancher Menschen selbst nach einer Gewichtsabnahme eine "Erinnerung" an die Fettleibigkeit behalten. Das könnte erklären, warum viele Menschen Schwierigkeiten haben, langfristig schlank zu bleiben.
Das Gedächtnis der Fettzellen
Für die Studie, die im November 2024 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, wurden Fettgewebeproben von Menschen mit gesundem Gewicht und von Menschen mit Adipositas genommen – sowohl vor als auch nach einer zweijährigen Gewichtsabnahme. Anschließend wurde eine RNA-Analyse der Proben durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Fettzellen der ehemals übergewichtigen Teilnehmenden am Ende der Studie immer noch ähnliche genetische Veränderungen aufwiesen wie zu Beginn – obwohl sie nicht mehr als adipös galten.
Auch bei Mäusen wurden Fettzellen untersucht. "Wir konnten zeigen, dass die Fettzellen von [ehemals] fettleibigen Mäusen funktionell anders sind und schneller wieder an Gewicht zulegen als die von Mäusen, die immer ein gesundes Gewicht hatten", erklärt Dr. Ferdinand von Meyenn, Studienautor und Assistenzprofessor am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Zürich. "Das deutet darauf hin, dass es ein zelluläres Gedächtnis gibt, das sich gegen den Gewichtsverlust richtet."
Ist es also unmöglich, das Gewicht zu halten?
Die einfache Antwort: Nein, diese Erkenntnisse bedeuten nicht, dass es unmöglich ist, nach einer Gewichtsabnahme schlank zu bleiben. Mediziner:innen bestätigen, dass das Phänomen in der Praxis häufig zu beobachten ist.
"Ich finde diese Forschung nicht überraschend", sagt Dr. Dina Peralta-Reich, Expertin für Adipositas-Medizin und Gründerin von New York Weight Wellness Medicine. "In der klinischen Praxis sehen wir oft, dass Patient:innen nach einer bariatrischen Operation oder einer erheblichen Gewichtsabnahme durch Medikamente zunächst erfolgreich sind. Doch trotz Lebensstilveränderungen beginnt das Gewicht nach einer gewissen Zeit wieder zuzunehmen. Das deutet darauf hin, dass eine Art 'Gedächtnis für Fettleibigkeit' existieren könnte." Dennoch betont Dr. Peralta-Reich, dass es sich um eine einzelne Studie handelt und weitere Forschung notwendig ist.
Hoffnung auf neue Therapieansätze
In Zukunft könnte es möglicherweise neue Medikamente oder andere Methoden geben, um das epigenetische Gedächtnis – also die chemischen Veränderungen an der DNA, die deren Aktivierung steuern – zu beeinflussen. "Wir haben festgestellt, dass während der Adipositas langfristige epigenetische Veränderungen auftreten. Wenn wir den nicht-adipösen Zustand wiederherstellen könnten, indem wir diese epigenetischen Veränderungen gezielt ansprechen, wäre es möglich, das 'fettleibige Gedächtnis' auszulöschen", erklärt von Meyenn. "Dadurch könnte die Fettgewebefunktion wieder in den Normalzustand zurückkehren."
Auch wenn sich diese potenziellen Behandlungen noch in einem frühen Forschungsstadium befinden – und von Meyenn betont, dass es am besten wäre, Adipositas von vornherein zu verhindern – gibt es dennoch ein paar Dinge, die du schon jetzt tun kannst, um eine erneute Gewichtszunahme zu verhindern. Dr. Peralta-Reich teilt ihre besten Tipps.
3 Ernährungs- und Trainingsgewohnheiten, um eine erneute Gewichtszunahme zu vermeiden
1. Setze auf eine entzündungshemmende Ernährung
"Ernährung spielt eine riesige Rolle, und sie ist sehr individuell, da sie vom Alter, der körperlichen Aktivität und dem Stoffwechsel abhängt", sagt Dr. Peralta-Reich. Grundsätzlich sollte die Ernährung ausgewogen sein, mit einem Fokus auf Proteine und Gemüse, während raffinierte Kohlenhydrate und Überessen vermieden werden sollten.
Besonders in den Wechseljahren kann eine entzündungshemmende Ernährung helfen, da der sinkende Östrogenspiegel die Fettansammlung begünstigt und den Muskelabbau fördert.
2. Vermeide Crash-Diäten und Alkohol
Viele Trend-Diäten, insbesondere extreme Fastenmethoden, fördern den Jo-Jo-Effekt, betont Dr. Peralta-Reich. "Bei schnellem Gewichtsverlust verliert man meist Muskelmasse statt Fett." Zudem sollte Alkohol reduziert oder vermieden werden, da er den Stoffwechsel beeinflusst und den Körperfettanteil erhöht.
Hinzu kommt, dass dein Körper Alkohol, wenn du älter wirst, anders verstoffwechselt. Während der Perimenopause und Menopause kann es daher sein, dass du dich nach einer durchzechten Nacht schlechter fühlst als in jüngeren Jahren. "Alkohol bringt nichts Gutes", sagt Dr. Peralta-Reich.
3. Setze auf Krafttraining
"Krafttraining ist essenziell, um Muskelmasse zu erhalten und den Körperfettanteil niedrig zu halten", sagt Dr. Peralta-Reich. Zwei- bis dreimal pro Woche Krafttraining hilft, Muskelverlust vorzubeugen – sowohl während des Abnehmens als auch in der Erhaltungsphase.
Wann Medikamente zur Gewichtsreduktion sinnvoll sind
Laut Dr. Peralta-Reich gibt es Unterschiede zwischen Menschen, die leicht Übergewicht hatten und 10 Kilo verloren haben, und solchen, die lebenslang mit Adipositas kämpfen. "Für Patient:innen, die ihr Gewicht nur mit Lebensstiländerungen nicht kontrollieren können, kann eine medikamentöse Therapie notwendig sein." In manchen Fällen sei eine dauerhafte, niedrige Erhaltungsdosis erforderlich.
Auch nach bariatrischen Operationen können GLP-1-Medikamente helfen, den Jo-Jo-Effekt zu verhindern. "Ohne die Medikamente ist es für viele Patient:innen extrem schwer, ihr Gewicht zu halten", sagt Dr. Peralta-Reich.
Fazit: So hältst du dein Gewicht dauerhaft
Auch wenn unsere Fettzellen sich an eine frühere Fettleibigkeit "erinnern", heißt das nicht, dass eine erneute Gewichtszunahme vorprogrammiert ist. Eine ausgewogene, entzündungshemmende Ernährung, regelmäßiges Krafttraining und der Verzicht auf Crash-Diäten können viel bewirken - denn langfristig gesunde Gewohnheiten sind wichtiger als schnelle Lösungen.
